Bei schlechter Luftqualität gibt es in Österreich derzeit schon die Möglichkeit, gemäß dem Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) Geschwindigkeitsbeschränkungen zu verordnen.

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Wien/Berlin – Stickoxid und andere Schadstoffe setzen nicht nur dem Klima zu, sondern schaffen auch immer mehr Gesundheitsprobleme. Dies hat in Österreich schon vor Jahren Umwelt- und Gesundheitsexperten dazu bewogen, auf gesetzliche Maßnahmen dagegen zu drängen. Und tatsächlich gibt es einige Instrumente, im Fall des Falles sogar Fahrverbote zu verhängen. In Deutschland ist man noch nicht soweit, drängt nun aber auch in diese Richtung.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will es Kommunen ermöglichen, temporäre Fahrverbote für Dieselautos zur Verringerung der Stickoxidbelastung (NOx) auszusprechen. Laut dem Hendricks-Entwurf sollen Städte Plaketten ausgeben können, sodass nur noch Fahrzeuge mit umweltfreundlichen Diesel- oder Benzinmotoren in eine Verbotszone fahren dürfen.

Weiters könnte die Zufahrt zu bestimmten Straßen für alle Dieselwagen gesperrt oder nur neueren Modellen erlaubt werden. Oder die Städte lassen an geraden Tagen nur Autos mit geraden Kfz-Endziffern in diese besagten Zonen hineinfahren.

Geringe Umsetzungschance

Dagegen hat sich bereits Widerstand formiert – nicht nur seitens Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Man solle doch erst einmal damit beginnen, den öffentlichen Nahverkehr auf schadstoffarme Motoren und Elektroantrieb umzustellen, meinte Hendricks-Parteikollege und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Die Chancen für eine Umsetzung von Hendricks' Vorschlag dürften damit gering sein.

Dieselmotoren erzeugen prozessbedingt wesentlich mehr NOx als Ottomotoren. Stickoxid ist gesundheitsschädlich, weil es die Atemwege reizt und zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.

Allein 2015 wurde in Deutschland der zugelassene Stickoxidgrenzwert an rund 60 Prozent der Luftmessstellen an den durch Verkehrsemissionen belasteten Straßen überschritten. Wegen der andauernden Überschreitung dieser Werte hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Dieser Jahresmittelgrenzwert war nach dem Europarecht bereits seit 2010 zwingend einzuhalten. Von den insgesamt zugelassenen rund 45 Millionen Pkw in Deutschland fahren etwa 13 Millionen mit Dieselmotoren.

Gelindere Mittel

Die Möglichkeit für derartige Fahrverbote gibt es in Österreich zwar längst. Mit der Novelle zum IG-Luft (Immissionsschutzgesetz-Luft) 2010 wurde die Verpflichtung zur Einhaltung von Grenzwerten festgelegt, Methoden und Maßnahmen bleiben aber dem jeweiligen Bundesland überlassen.

Umgesetzt wurde hierzulande jedenfalls noch kein Fahrverbot, sagt Günther Lichtblau vom Bundesumweltamt. Warum dem so ist? "In Österreich wird bisher mit gelinderen Mitteln versucht, die Luftgütekriterien einzuhalten", sagte Lichtblau im Gespräch mit dem STANDARD. Er verweist auf Tempolimits wie im Inntal oder im Raum Linz.

Auch sei der Vollzug einer derartigen Maßnahme bisher schwierig gewesen, da man Dieselautos – in Österreich sind das 2,74 Millionen von insgesamt 4,8 Millionen zugelassenen Pkws – nicht auf einen Blick als solche erkennen könne.

Verhaltene Umsetzung

Dies ändere sich kommendes Jahr mit der Kennzeichnungsverordnung zumindest teilweise. So erhalten beispielsweise umweltfreundliche Elektroautos Kennzeichen mit grünen Buchstaben und Ziffern, womit sie sich auf einen Blick von anderen abheben. Österreich unterhalte zwar in allen Bundesländern Luftreinhalteprogramme, doch bei der Umsetzung im Verkehrssektor verhalte sich die Politik nicht gerade mutig, meint der Experte.

"Solche Maßnahmen funktionieren nur, wenn sie langfristig angekündigt werden und die Autofahrer sich darauf vorbereiten können", sagt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. Für ihn hat das Thema auch eine soziale Dimension. Es seien überwiegend niedrigere Einkommensklassen, die mit älteren und damit auch schadstoffreicheren Wagen unterwegs seien. Erst in der Vorwoche hat der Autofahrerclub daher vorgeschlagen, für diesen Personenkreis den Umstieg auf niedrigere Abgasklassen zu unterstützen. (Karin Tzschentke, 20.12.2016)