Caracas – In Venezuela ist es zu gewaltsamen Protesten und Plünderungen gekommen. In mehreren Städten beklagten sich am Freitag (Ortszeit) aufgebrachte Demonstranten über Bargeldengpässe. Auslöser war die Ankündigung der sozialistischen Regierung von Präsident Nicolas Maduro, die größte Banknote des Landes binnen kurzer Zeit aus dem Verkehr zu ziehen.

Seit Donnerstag werden die Scheine nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Die eigentlich für denselben Tag geplante Ausgabe von größeren Scheinen mit einem Wert von 500 bis 20.000 Bolivares verzögerte sich aber. Millionen Venezolaner stehen nun ohne genügend Bargeld da, um Lebensmittel und Weihnachtsgeschenke zu kaufen.

Tote bei Plünderungen

In der Bergarbeiterstadt Callao im Süden Venezuelas wurden nach Angaben eines oppositionellen Parlamentariers bei Geschäftsplünderungen drei Menschen getötet und viele weitere verletzt. In der Stadt Puerto la Cruz kam es nach Angaben einer Bankangestellten zu Ausschreitungen, weil Bankkunden kein Bargeld abheben durften. Die Polizei gab demnach Warnschüsse ab, um die Proteste zu beenden. Alle Geschäfte in der Stadt seien geschlossen worden. In der Stadt Santa Barbara wurden bei einem versuchten Überfall auf einen Geldtransporter vier Menschen verletzt, als die Fahrer das Feuer eröffneten.

Maduro verurteilte die Gewalt und appellierte an die Einsicht der Bevölkerung. Er kündigte zugleich an, dass bald neue Banknoten eingeführt würden. Die Abschaffung des alten 100-Bolivar-Scheins (umgerechnet 9,60 Euro) hatte er als notwendigen Schritt im Kampf gegen Mafia-Banden an der Grenze zu Kolumbien bezeichnet.

Etwa 40 Prozent der Venezolaner verfügen über kein Bankkonto. Viele können daher keine elektronischen Überweisungen vornehmen und sind auf Bargeld angewiesen. Der aktuelle Engpass führt dazu, dass sie weder Nahrungsmittel noch Benzin, geschweige denn Weihnachtsgeschenke einkaufen können.

Maduro machte Politiker der Opposition für die Unruhen verantwortlich. Es gebe Foto- und Video-Beweise für die Beteiligung von Oppositionsabgeordneten an "versuchtem Vandalismus und Gewalttaten", sagte er am Freitagabend. Nach Angaben des Präsidenten hatten Randalierer in der Stadt Guasdualito an der Grenze zu Kolumbien zwei staatliche Banken in Brand gesetzt. Die verantwortlichen Oppositionspolitiker gehörten auch einer "Schmuggelmafia" an und würden bald festgenommen, sagte Maduro.

Kampf gegen Mafia

Maduro hatte den Banknoten-Tausch mit dem Kampf gegen internationale Mafiabanden begründet, die seinen Angaben zufolge Milliarden in 100-Bolivares-Scheinen ins Ausland verschoben haben, vor allem nach Kolumbien. Maduro sieht darin eine von den USA unterstützte Verschwörung zur wirtschaftlichen Destabilisierung seines Landes. Auch eine Schließung der Grenzen nach Kolumbien und Brasilien begründete Maduro mit Geldschmuggel in Millionenhöhe durch die "Mafias".

Die für ungültig erklärten 100-Bolivares-Scheine machten zuletzt mehr als drei Viertel des im Umlauf befindlichen Bargeldes aus. Die Banknote war wegen der Inflation allerdings nur noch knapp drei US-Cent wert, die Venezolaner trugen daher immer dicke Geldbündel mit sich herum. Die alten Geldscheine können nur noch wenige Tage lang in der Zentralbank umgetauscht werden. Tausende Menschen aus dem ganzen Land reisten deshalb in die Hauptstadt Caracas, vor der Bank bildeten sich lange Schlangen.

Venezuela leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise. Es herrschen Lebensmittelknappheit und eine extreme Inflation. Der Verfall des Ölpreises zehrt massiv an den Staatseinnahmen des OPEC-Mitglieds. (APA, 17.12.2016)