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Fotoaufnahme kurz nach der Busexplosion in Kayseri.

Foto: Reuters/Turan Bulut

Istanbul/Ankara – Bei einem mutmaßlichen PKK-Anschlag sind am Samstag in der Türkei 14 Soldaten getötet und 55 weitere Menschen verletzt worden. Bei dem Attentat in der zentraltürkischen Industriestadt Kayseri deuteten bislang alle Hinweise auf eine Tat der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hin, sagte Vize-Regierungschef und Regierungssprecher Numan Kurtulmus.

Mehrere Verdächtige wurden festgenommen, nach weiteren wurde gefahndet, wie Innenminister Süleyman Soylu mitteilte.

Autobombe

Eine Autobombe zerstörte den Bus vollständig. Bei den 14 Todesopfern handelte es sich laut Armee um Soldaten unterer Dienstgrade. Berichten zufolge waren sie erst Anfang 20. Sie hatten nach Armeeangaben einen freien Tag und die Erlaubnis, diesen außerhalb der Kaserne zu verbringen. Laut Regierungschef Binali Yildirim zündete ein Selbstmordattentäter die Autobombe, als der Bus vorübergefahren sei.

Die Industriestadt Kayseri liegt weit entfernt von den Kurdengebieten im Südosten der Türkei und gilt üblicherweise als ruhig. Die Millionenstadt befindet sich in der Nähe der bei Touristen aus aller Welt beliebten Region Kappadokien.

Bus ausgebrannt

Fernsehbilder vom Anschlagsort zeigten das ausgebrannte Wrack des Busses. Zahlreiche Rettungswagen und Polizeifahrzeuge waren vor Ort.

Nach neuen Angaben von Innenminister Soylu gab es 55 Verwundete, darunter sechs Schwerverletzte. Die ursprüngliche Opferzahl von 13 Toten wurde in der Nacht auf Sonntag korrigiert, da eine Person im Krankenhaus starb.

15 Verdächtige seien gefasst worden, nach weiteren werde noch gesucht. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Vize-Regierungschef Kurtulmus sagte dem Sender NTV, es würden zwar "alle Möglichkeiten in Betracht" gezogen. Derzeit deuteten aber "alle Hinweise auf die PKK hin".

"Logistische Unterstützung"

Kurtulmus führte aus, die Bauteile der Bombe in Kayseri ähnelten denen der Sprengsätze in Istanbul vor einer Woche. "Das sind keine Dinge, die man im Einkaufszentrum kauft, (...) es gibt da logistische Unterstützung", sagte der Regierungssprecher.

Bei dem Doppelanschlag auf Polizisten nach einem Spiel des Fußballvereins Besiktas Istanbul waren am Samstag vergangener Woche 44 Menschen getötet worden. Zu dieser Tat bekannten sich die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), eine radikale Splittergruppe der PKK. Vize-Regierungschef Veysi Kaynak sagte, der Anschlag in Kayseri erinnere "leider" an den Doppelanschlag in Istanbul.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan erklärte, die "Terrorakte" in der Türkei zielten auf "all unsere 79 Millionen Bürger mit unseren Soldaten und Polizisten". Ohne konkret auf den Anschlag in Kayseri einzugehen, fügte Erdogan hinzu, das Land werde von verschiedenen Terrorgruppen angegriffen, besonders aber von der PKK. "Wir werden entschieden gegen diese Terrororganisationen kämpfen im Geiste der nationalen Mobilisierung", kündigte der Präsident an.

Die Bundesregierung verurteilte den "hinterhältigen Anschlag". Derart "perfide Gewalt" sei durch nichts zu rechtfertigen, erklärte das Auswärtige Amt.

"Pogromstimmung" in Kayseri

Präsident Erdogan hält die pro-kurdische Oppositionspartei HDP für den verlängerten Arm der PKK. Die HDP – die den Anschlag von Kayseri verurteilt hat – weist das zurück. Nach dem Terroranschlag ist es in der Nacht auf Sonntag zu Angriffen auf HDP-Büros gekommen. In sozialen Medien kursierten zudem Mordaufrufe gegen Abgeordnete und Parteifunktionäre. Der deutsch-türkische HDP-Parlamentarier Ziya Pir sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul: "Es war schon eine Pogromstimmung".

Die Partei teilte mit, unter anderem seien HDP-Büros in Istanbul und Ankara mit Steinen beworfen worden. Der Mob habe versucht, sich Einlass zu verschaffen. Im Bezirksbüro in Yenimahalle in Ankara habe eine Gruppe von 25 bis 30 Menschen die Einrichtung nach draußen geschafft und dort in Brand gesetzt.

Der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu von der Regierungspartei AKP rief dazu auf, Angreifer anzuzeigen. Auf Twitter teilte der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Parlament in Ankara mit: "Im Rechtsstaat gibt es keine Selbstjustiz."

In der Türkei verübte in den vergangenen Monaten außer kurdischen Rebellen auch die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) eine Reihe von Anschlägen. Im Juni wurden bei einem Selbstmordattentat im Istanbuler Atatürk-Flughafen 47 Menschen getötet, im August riss ein Selbstmordattentäter auf einer kurdischen Hochzeit in Gaziantep fast 60 Menschen mit in den Tod. (APA, 17.12.2016)