Der teure Baum der Erkenntnisse: Elsevier (hier das offizielle Logo) machte mit seinen über 2000 Zeitschriften 2015 einen unglaublichen Gewinn von rund 900 Millionen Euro.

Forscher fordern seit mehreren Jahren zu einem Boykott von Elsevier-Produkten auf. Nun wird das zwangsweise ab 1. Jänner 2017 in Deutschland passieren.

Michael Eisen

Berlin/Wien – Verlage und Verlagshäuser machen aufgrund der Krise des Printgeschäfts eher härtere Zeiten durch. Für die Wissenschaftsverlagsmultis wie insbesondere Elsevier gilt das nicht: Bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro 2015 machte der Marktführer fast 37 Prozent Gewinn, also 900 Millionen Euro. Da dürfte auch so mancher Waffen- oder Drogenhändler neidisch werden.

Der besondere Witz dabei: Eine solche Marge ist deshalb möglich, weil in unseren Breiten von der öffentlichen Hand finanzierte Bibliotheken die überteuerten Zeitschriften kaufen müssen, deren unbezahlte Herausgeber und Gutachter meist staatlich finanzierte Forscher sind. Österreichs Bibliotheken kosten die Fachjournale zumindest 30 Millionen Euro jährlich.

Aggressive Preispolitik

Gegen die aggressive Preispolitik des niederländisch-britischen Verlags mit seinen mehr als 2.000 Zeitschriften wie "Cell" hat sich in den vergangenen Jahren einiger Widerstand artikuliert: Mehr als 16.000 Forscher haben seit 2012 einen Boykottaufruf unterstützt und haben mit Elsevier-Zeitschriften nichts mehr zu tun. Zudem wurden Open-access-Journale wie "eLife" gegründet, die in der Hand der Forscher selbst liegen.

Eine andere versuchte Gegenmaßnahme bestand darin, dass sich Bibliotheken zu Konsortien zusammenschlossen – wie etwa in Deutschland zur Initiative "Deal", an der rund 60 Unis und Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Damit wollte man sich eine bessere Verhandlungsposition schaffen, um zu günstigeren Verträgen zu kommen. Etwas Ähnliches versuchte man in Finnland.

Wer sitzt am längeren Ast?

Doch der Verlagsriese lenkte nicht ein, weshalb nun ab 1. Jänner etliche deutsche Unibibliotheken keine neuen Elsevier-Zeitschriften mehr anbieten – quasi ein Zwangsboykott, der nach Möglichkeit auch aktiv von Forschern unterstützt werden soll. Wer da am längeren Ast sitzt, wird sich zeigen. In Großbritannien erwies sich kürzlich Elsevier als der Gewinner einer ähnlichen Auseinandersetzung. Der "Elsexit" ist da aufs Erste abgeblasen.

Dennoch droht Elsevier womöglich noch Ungemach aus London: Martin Paul Eves und Stuart Lawson (University of London) sowie Jon Tennant (Imperial College) wollen bei der Competition and Market Authority eine Untersuchung gegen Elsevier wegen Missbrauchs der Marktmacht einbringen: Elsevier, Springer und Wiley teilen sich längst weit mehr als die Hälfte der wissenschaftlichen Zeitschriften – bei ständig steigender Tendenz. (tasch, 16.12.2016)