Der Mann versteht sein Handwerk. Ich halte einen Brief von ihm in Händen. Meine Bücher, er habe sie mit großer Begeisterung gelesen, und er würde sich wirklich sehr freuen, mich kennenzulernen. Ein zwangloses Treffen im Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse? Gerne aber auch, falls mir das lieber sei, auf einen Kaffee in seinem St. Pöltner Büro?

"Wer ist Ihnen sympathischer? Der Erwin oder der Pröll?" Die Frage lässt Erwin Pröll laut und herzhaft auflachen. Für die Antwort braucht er einige Sekunden.
Foto: Christian Fischer

Autoren, müssen Sie an dieser Stelle wissen – und ich habe den Verdacht, auch die übrigen Kunstschaffenden – sind allesamt neurotisch, sozialgestört, narzisstisch oder alles zusammen. Jedenfalls setzt ihr Verstand für ein Weilchen aus, wenn jemand glaubhaft und beredt ihr Werk würdigt. Einem Schriftsteller beispielsweise können Sie ohne weiteres ins Gesicht sagen, dass er unbändig hässlich ist, es wird ihn nicht rühren. Wenn Sie umgekehrt einer Autorin Komplimente für ihr Äußeres machen, lässt es sie bestenfalls kalt, wahrscheinlicher ist, dass sie sich von Ihnen perfide beleidigt fühlt. Was uns Autoren nämlich einzig relevant erscheint, sind die inneren Werte, und die befinden sich, davon sind wir überzeugt, ausschließlich zwischen den Buchdeckeln unserer Romane.

Oft ist zu hören, Schriftsteller und Künstler liebten ihre Werke, wie voll zurechnungsfähige Menschen nur ihre Kinder liebten. Das stimmt nicht. Und stimmt vermutlich ja doch irgendwie. Insofern zumindest, als Kinder wie Romane ihren Ursprung zwar bei einem selbst nehmen, sie wie durch Zauberhand aber schon im ersten Augenblick ihres Seins weit über das eigene Ich hinausweisen. Und so wie Kinder von Beginn an freilich eigenständige Wesen sind und insofern kein vernünftiges Anrecht auf Elternstolz besteht, gelten Schriftstellern ihre Romane ebenfalls als eigenständig. Ihre Zuckerseiten nämlich entwickeln Romane gleichsam ohne Zutun, sie schreiben sich auf unergründliche Weise selbst ihr Leben ein; was Autoren nicht davon abhält, dass sie, blind liebende Mutter, blind liebender Vater, absurd stolz sind auf ihre groß gewordenen, ja weit größer als sie selbst gewordenen Kinder.

Brief von Erwin Pröll

Ich halte also den gewandt formulierten Brief des Lesers Erwin Pröll in Händen, und nach Sekunden des naiven, mich betäubenden Stolzes setzt mein Verstand wieder ein, und also denke ich: Was, zum Teufel, will der Erwin Pröll von mir? Finden denn bald Wahlen statt? Will er mich einlullend ruhigstellen?

Ich erinnere mich: Knapp vor der letzten niederösterreichischen Landtagswahl erschienen im STANDARD und in der Presse kritische Texte von mir über ihn. Wie viele Autoren und Künstler, denke ich, bekommen dieser Tage wohl ähnliche Briefe? Schließlich steht Erwin Pröll im Ruf, Künstler so lange mittels Anerkennung zu hypnotisieren, bis es völlig um sie geschehen ist und sie – weichgekocht und paralysiert – gar nicht mehr anders können, als ihm – "lieber Erwin, sehr geehrter Herr Landeshauptmann" – öffentlich und unwiderruflich zu huldigen. Pröll hat die Fähigkeit, erzählte mir einer, der es wissen muss, dich einzuspinnen und beiläufig um den kleinen Finger zu wickeln. Du gehst als eigensinniger, kritischer Künstler zu ihm ins Büro, und eine Stunde später kommst du als Mitglied seines Unterstützungskomitees wieder heraus.

Zuwendung aus öffentlichen Mitteln

Tatsächlich ist die Liste der politisch oft links stehenden Künstler, Literaten und Musiker Legende, die den ÖVP-Machtpolitiker durchaus propagandatauglich unterstützen. Oft, sehr oft hat es gewiss mit Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln zu tun, die Erwin Pröll mit einer Gönnerhaftigkeit verteilt, als handelte es sich um persönliche Gaben des neu gewonnen, so überaus herzlichen Freundes. Seit Pröll vor beinahe 25 Jahren Landeshauptmann wurde, hat er Kultur zur Chefsache erklärt und das entsprechende Budget von 36 auf jährlich fast 116 Millionen Euro erhöht. Gefördert wird quer durch den Gemüsegarten – vorwiegend, was Prestige verspricht und mediale Rendite abwirft. Mit Verve baut Pröll Museen, Galerien, Kunstschlösser, verteilt Stipendien, Förderungen, Preise. "Danke, Erwin!"

Doch da ist eben noch etwas, etwas Entscheidendes: Erwin Pröll versteht es wie hierzulande kein zweiter Politiker, Künstlern das Gefühl zu vermitteln (ganz gleich, was er wirklich von ihnen denkt), dass ihre Arbeit hochbedeutend ist und sie selbst von ungeahnter Wichtigkeit sind.

Beziehungsmanagement

Der Landeshauptmann, analysierte Politologe Peter Filzmaier einmal, betreibe auch in wahlfreien Zeiten sein Beziehungsmanagement. Der intensive Kontakt zu Künstlern sei ein Teil seiner Gesamtstrategie. Weltoffenheit zeigen; Kunstsinnigkeit; der bodenständige Politiker, der imstande sei, weit über den Tellerrand hinauszublicken.

Erwin Pröll empfängt mich in seinem St. Pöltner Büro; oberster Stock, breite Glasfassade mit Blick auf das Regierungsviertel, die Traisen, Windräder, die Weite des Landes. An der Stirnseite des Raums drei Bilder von Hermann Nitsch. Hinter dem Fauteuil, in dem Erwin Pröll Platz genommen hat, blickt Erwin Pröll hervor, abstrahiert, auf seine Konturen reduziert, schwarz, auf weißer Leinwand.

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Erwin Pröll: Man muss streng sein.
Foto: Picturedesk / Helmut Fohringer

STANDARD: Sie gäben eine vielseitige Romanfigur ab, Herr Pröll: Schatten-ÖVP-Obmann, Schatteninnenminister, heimlicher Kanzler, wenn die Volkspartei denn einmal den Kanzler stellt ...

Erwin Pröll: ... da ist mir ein bisserl zu viel von Schatten die Rede. Ich bin nicht jemand, der gerne im Schatten ist. Ich stehe gerne in der Sonne, besonders nach gut erledigter Arbeit zur Erntezeit.

STANDARD: Außerdem sind Sie Kulturreferent und nicht zu vergessen Landeshauptmann. Was macht von all den Tätigkeiten und Jobs am meisten Spaß?

Pröll: Landeshauptmann und Kulturreferent.

STANDARD: Zwei Nennungen sind unsportlich. Was, wenn es nur eine sein dürfte?

Pröll: Kulturreferent. Ja, die Kultur macht am meisten Freude. Sie ist unglaublich bereichernd, unglaublich horizonterweiternd, sie ist mir ein Animo, fördert meine Kreativität. Und was nicht vergessen werden darf, ist der wirtschaftliche Nutzen. Unsere Investitionen in Kultur rechnen sich, etwa touristisch.

STANDARD: Für Sie auch politisch.

Pröll: Zugegeben, ja, auch das. Warum sollte es nicht so sein?

STANDARD: Oscar Wilde meint, Macht sei die einzige Lust, deren man nicht müde werde. Können Sie das bestätigen?

Pröll: Das würde ich nicht so sehen ... Bei mir hält auch die Lust an der Kunst an.

STANDARD: Der portugiesische Autor Fernando Pessoa schreibt: "Das Leben ist für uns das, was wir in ihm sehen. Für den Bauern, dem sein Feld alles bedeutet, ist dieses Feld ein Imperium. Für den Cäsar, dem sein Imperium nicht genügt, ist dieses Imperium ein Feld." Ist ihnen Niederösterreich ein Feld oder ein Imperium?

Pröll: Ein Feld (sagt Erwin Pröll so rasch, als hätte er auf die Frage gewartet). Ich bin 37 Jahre in der Regierung, vergesse aber nicht, dass ich ein Bauernsohn bin. Ich liebe das Feld, die Natur, das Korn. Mit einem Sack Saatgut muss man ähnlich sorgsam umgehen wie mit Künstlern. Ich habe von klein auf gelernt, dass nichts verlorengehen darf, kein Körnchen. Nicht nur aus materiellen Gründen, sondern auch wegen des ideellen Gewinns. Der Umgang mit Kulturschaffenden ist meine persönliche Erntezeit.

STANDARD: Sind Sie mehr Erwin oder mehr Pröll? Wer von den beiden ist Ihnen sympathischer?

Pröll (lacht laut und herzhaft. Überlegt. Und jubiliert): Der Erwin!

STANDARD: Warum nicht der Pröll?

Pröll: Warum nicht der Pröll? ... Na weil ich den Erwin von Anfang an kenne.

STANDARD: Den Pröll doch auch.

Pröll: Ja, aber das ist etwas anderes. Als Kind haben mich schon alle Erwin gerufen.

STANDARD: Sie feiern am 24. Dezember Ihren 70. Geburtstag. Wenn Sie Bilanz ziehen, was wird am Ende bleiben von Ihnen? Nicht in der Politik, sondern was wird für Sie bleiben von Ihnen? Für Erwin sozusagen.

Pröll: Was wird bleiben von mir für mich? ... Was bleibt am Ende? (Erwin Pröll denkt nach, stützt das Gesicht in die flache Hand) Freundschaften (sagt er schließlich). Und wissen Sie: Je älter ich werde, desto intensiver frage ich mich, ob sich manche Konflikte ausgezahlt haben. Ich hoffe, dass ich da mit einigen Menschen demnächst wieder ein Gespräch führen kann. Das ist mir, je älter ich werde, zunehmend wichtig.

Das zweite Gesicht

Tatsächlich zeigte sich Erwin Pröll nicht immer nur von der sonnigen Seite. Wer sein zweites Gesicht sehen will, wird bei Youtube fündig. Ein legendäres Video zeigt, wie Pröll einen Pfarrer abkanzelt, der zuvor auf soziale Unterschiede aufmerksam machte und als Beispiel das Gehalt des Landeshauptmanns anführte.

WasLosInDaHos

Pröll warnt ihn davor, es sich mit ihm anzulegen, und zeigt dem betagten Pfarrer alles in allem, wo Gott wohnt. Ein weiteres Beispiel ist die Episode, in der Pröll dem ehemaligen Chef der Finanzmarktaufsicht Kurt Pribil bei einer öffentlichen Veranstaltung den Verlust seines Jobs androht. STANDARD-Kolumnist Eric Frey nannte Pröll infolgedessen "Sultan von St. Pölten" und gestand, Pröll mache ihm Angst. Der Landeshauptmann sei ein autoritärer Machtmensch, der glaube, sein Wille sei Gesetz. "Die beiden Fälle waren Ausnahmen", sagt Pröll: "Aber wenn man ein Landesvater sein will, muss man manchmal auch streng sein – mit sich selbst, aber auch mit anderen. Das verlangt meine Verantwortung, auch gegenüber dem Land."

STANDARD: Macht denn Macht, insbesondere wenn man sie so lange genießt wie Sie, eher demütig oder eher dekadent?

Pröll: Das kommt freilich auf den Einzelnen an, aber in meinem Fall gewiss demütig. Auch wenn es überraschend klingen mag, ich bin jemand, der nicht den Konflikt sucht. Harmonie ist das höchste Gut. Und ich bin demütig, das können Sie mir glauben. Ich hatte eine Nahtoderfahrung, verlor geliebte Menschen. Es gibt Höheres als die Politik. Demütig und dankbar bin ich.

STANDARD: Es gibt eine kulturpolitische Entscheidung, die Ihnen bis heute von allen Kunstschaffenden hoch angerechnet wird: als Sie Hermann Nitsch in den 90er-Jahren unterstützten, obwohl Sie von Freiheitlichen und konservativen Kreisen bestürmt wurden, seine Kunstaktionen zu verhindern.

Pröll: Das war 1998, wir befanden uns im Wahlkampf, und ich wurde mit der Forderung bombardiert, seine Mysterienspiele zu verbieten. Aber damals wie heute gilt: Solange ich hier etwas zu sagen habe, wird keinem Künstler angeschafft, was er zu tun oder zu unterlassen hat. Das gehört auch zu einem Landesvater: Schutzpatron sein, wenn es drauf ankommt.

STANDARD: Welche Kunstgattung liegt Ihnen besonders?

Pröll: Musik. Klassische Musik. Ignaz Pleyel zum Beispiel, ein Zeitgenosse Mozarts. Er stammt aus meiner Nachbargemeinde Ruppersthal. Begraben ist er in Paris. Wir haben sein Grab erst jüngst renovieren lassen.

STANDARD: Und wie ergeht es Ihnen mit Literatur? Vor vielen Jahren haben Sie ja behauptet, in Ihrem Leben nur ein Buch zu Ende gelesen zu haben, Karl Mays "Der Schatz im Silbersee".

Pröll: Das war freilich humorig gemeint. In der Fernsehsendung von Karin Resetarits wurde das aber eigens so geschnitten, als sei es mir ernst. Ich hatte mit Karin Resetarits nachträglich entsprechende Diskussionen. Aber sei's drum. Die Sache hat mich damals schon leicht gewurmt. Meine Kinder waren noch in der Schule und sind deswegen gepflanzt worden.

STANDARD: Welche Bücher sind denn seit damals bei Ihnen im Regal dazugekommen?

Pröll (überlegt, beginnt zu grinsen): Na Ihr Erstlingsroman Fuchserde zum Beispiel!

STANDARD: Nach "Der Schatz im Silbersee" ist "Fuchserde" also jetzt Ihr Zweitbuch?

Pröll wirft sich lachend in den Fauteuil zurück.

STANDARD: Wie viele Bücher sind es tatsächlich? Würden Sie sich als Vielleser bezeichnen?

Pröll: Ich würde mich als durchschnittlichen Konsumenten von Literatur bezeichnen.

STANDARD: Also etwa fünf Bücher pro Jahr?

Pröll: Schon mehr. So zehn bis 15.

Derzeit lese Pröll Und im Wienerwald stehen noch immer die Bäume der schwedischen Autorin Elisabeth Åsbrink. Es gehe um die Geschichte eines jüdischen Kindes aus Österreich, das 1939 zu seinem Schutz von den Eltern nach Schweden geschickt wird. "Unheimlich packend", sagt Erwin Pröll. In Österreich war es Bruno Kreisky, der die Künstler für sich entdeckt und politisch nutzbar gemacht hat.

STANDARD: Ist Kreisky Ihr Vorbild?

Pröll: Kreisky ist ein großer Mann für mich. Ich hatte die Ehre, ihn kennenzulernen. Was uns bei allen politischen Unterschieden verbindet, ist gewiss auch die Freude im Umgang mit Künstlern. Kreisky konnte in der Auseinandersetzung mit ihnen enorm viel für sich verwenden. Nicht zuletzt scheint er von den Künstlern viel profitiert zu haben. Mich beeinflussen sie ebenso.

STANDARD: Was muss ein Literat oder Künstler denn haben, damit Sie ihn mögen?

Pröll: Was muss ein Literat oder Künstler haben, damit ich ihn mag ... Sie stellen Fragen ... Eigentlich dasselbe wie jeder andere Mensch. Ein Dialog sollte möglich sein. Grundsätzlich bin ich irrsinnig neugierig, was Kunst angeht. Wenn ich zum Beispiel den Nitsch treffe, frage ich ihn: Hermann, was spürst du, wenn du so ein Bild malst? Das interessiert mich wirklich. Ich finde das unglaublich spannend.

STANDARD: Welche Kunst hat sie zuletzt bewegt, weil sie Sie aufgewühlt, verstört, provoziert hat?

Pröll: Wie meinen Sie das?

STANDARD: Kunst wirkt ja oft verändernd, weil sie eben nicht ins gewohnte Denkschema passt, sondern aufwühlt, ja nervt. Welche Kunst dieser Art war für Sie persönlich zuletzt relevant?

Pröll: Also im positiven Sinn meinen Sie? Dann das erwähnte Buch der schwedischen Autorin, das hat mich sehr aufgewühlt.

STANDARD: Böse Zungen sagen, mit Ihrer Kulturpolitik betreiben Sie Freunderlwirtschaft auf kunstvollem Niveau. Der Autor und Literaturwissenschafter Gerhard Zeillinger etwa betitelte einen Kommentar mit "Pröll und seine Günstler".

Pröll: Da kann es sich nur um Neid handeln. Was brauchen beispielsweise ein Erwin Steinhauer oder ein Erwin Wurm von mir, die sind doch nicht auf mich angewiesen.

STANDARD: Ist es Ihnen selbst ganz geheuer, dass es in Niederösterreich kaum einen Künstler zu geben scheint, der an Ihrer Politik etwas auszusetzen hat? Für gewöhnlich sind Künstler ja kritische Geister, besonders was die herrschende Klasse anbelangt. Niederösterreich dürfte da eine europäische Ausnahme sein, alle scheinen rundum einverstanden. Wie macht das der Erwin Pröll?

Pröll: Ich rede mit Künstlern einfach respektvoll. So wie jetzt mit Ihnen.

STANDARD: Ist es für Sie denkbar, dass die Politik der Kunst den Atem raubt, wenn sie sie allzu innig, allzu lange umarmt. Ist es womöglich so, dass der Kunst im Laufe der Jahrzehnte ihr Stachel weggestreichelt werden kann?

Pröll: Ganz sicher nicht. Es wäre eine Beleidigung für die Künstler, behauptete das jemand.

STANDARD: Welche Sie kritisierenden Künstler haben zuletzt nennenswerte Preise des Landes Niederösterreich erhalten?

Pröll (denkt lange nach): Da fällt mir jetzt aufs Erste nichts ein ... Der Deix. Dem haben wir das Karikaturmuseum in Krems gebaut.

STANDARD: Ich meinte nicht generell gesellschaftskritische Künstler wie Manfred Deix, sondern solche, die explizit Ihre Politik kritisierten.

Pröll: Ich finde, die Frage ist falsch gestellt. Ich suche die Preisträger ja nicht aus, das macht eine Jury. Entscheidend ist auch nicht, ob ein Künstler Kritik an mir übt, sondern entscheidend ist seine Kunst.

STANDARD: Wohin man blickt in Niederösterreich: schwarz. Eine Opposition existiert nicht wirk-lich, kritische Landesmedien ebenso wenig. Was es gibt, sind ausschließlich schwarze Bezirkshauptmänner, eine absolute Mehrheit schwarzer Bürgermeister, schwarzer Schulen, Krankenhäuser, Landesunternehmen, eine schwarze Landesbank, ein schwarzer Verwaltungsapparat, Kunst und Kultur sind auf das Wohlwollen schwarzer Institutionen angewiesen. Kurzum: In den letzten Jahrzehnten ist es Ihnen gelungen, Niederösterreich in einem machiavellistischen Netz aus Abhängigkeiten, Loyalitäten und Seilschaften festzuzurren. Waren Sie machtpolitisch womöglich zu erfolgreich?

Pröll: Nein, das sehe ich nicht so. Sie wissen offensichtlich, wer schwarz ist und schwarz wählt. Ich weiß das nicht. Und man braucht ja nicht zu glauben, dass ich in der Früh aufwache und mir überlege, wen ich heute wieder verspeise, damit Niederösterreich noch ein Quäntchen schwärzer wird. Würde ich so ticken, wäre ich fehl am Platz.

STANDARD: Ganz spontan: Was könnte der Slogan bei der nächsten Wahl sein?

Pröll: Niederösterreich voran.

STANDARD: Ist das nicht zu platt?

Pröll: Ich finde, es ist genau auf dem Punkt.

STANDARD: Treten Sie denn im Frühjahr 2018 noch einmal an?

Pröll: Schauma einmal, dann sehma eh.

Nach der Landtagswahl 2013: Pröll nimmt Huldigungen seiner Adoranten entgegen.
Foto: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Womöglich aber sind die Würfel ja auch längst gefallen. Vor nicht allzu langer Zeit nämlich unterhielt Erwin Pröll eine weinselige Runde aus Künstlern, Literaten und Journalisten, indem er höchstpersönlich und überaus gekonnt folgenden Witz zum Besten gab:

"Der amerikanische Präsident, der russische Präsident und Erwin Pröll werden zu Gott gerufen. Der vertraut ihnen an, dass – leider, leider – die Welt in drei Tagen untergeht. Also kehren die drei auf die Erde zurück, und der russische Präsident versammelt die Elite des Landes im Kreml und spricht mit steinerner Miene: 'Meine leidgeplagten Russen! Ich habe zwei schlechte Nachrichten für euch. Erstens: Wir haben uns jahrzehntelang geirrt, Gott gibt es leider doch. Und zweitens: In drei Tagen geht die Welt unter.' Zur gleichen Zeit tritt im Weißen Haus der amerikanische Präsident ans Rednerpult: 'Liebe Amerikaner, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die gute Nachricht ist: Wir hatten recht, Gott gibt es tatsächlich, ich habe ihn vorhin getroffen, cooler Typ, die besten Grüße soll ich ausrichten! Die schlechte Nachricht ist: In drei Tagen geht die Welt unter.' Auf der anderen Seite des Atlantiks: St. Pölten. Erwin Pröll betritt das Podium. Eine Blaskapelle spielt einen Tusch, das ORF-Landesstudio überträgt live, und Erwin Pröll sagt: 'Liebe Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, ich habe zwei großartige Nachrichten für euch: Gott gibt es wirklich. Und ich bleibe euer Landeshauptmann bis zum Ende der Welt!'" (Thomas Sautner, Album, 17.12.2016)