Zwei Fähigkeiten muss der Boss eines Ölkonzerns – sei es der US-Riese Exxon Mobil oder die kleinere OMV – beherrschen: Er muss den Ölpreis richtig voraussagen können; und er muss in der Lage sein, sich einen Weg durch das politische Dickicht der Petrostaaten zu bahnen.

Gerhard Roiss, Vorgänger des jetzigen OMV-Chefs Rainer Seele, ist an der ersten Hürde gescheitert: Seine überteuerte Beteiligung an Öl- und Gasfeldern in der Nordsee am Höhepunkt der Ölpreisblase hat den Konzern einen Batzen Geld gekostet – und ihn letztlich den Job. Seele versucht dies nun zu richten, indem er in Felder der russischen Gazprom investiert und das mit Anteilen an der verlustträchtigen norwegischen Tochter bezahlt.

Die finanziellen Bedingungen erscheinen auf den ersten Blick günstig. Russland hat derzeit ein hohes strategisches Interesse an Partnerschaften mit dem Westen.

Der Haken liegt in der Politik. Eine weitere energiepolitische Verzahnung zwischen Wien und Moskau ist zwar angesichts der prorussischen Wende in Washington weniger anrüchig als noch vor einigen Monaten. Aber ganz ausliefern sollte man sich Moskau nicht: Andere westliche Investoren haben gelernt, dass dort Eigentumsrechte weniger zählen als Wladimir Putins Wünsche.

Problematisch ist vor allem die norwegische Seite: Noch im September hat die Regierung in Oslo einer Gazprom-Beteiligung von mehr als 24,9 Prozent eine Abfuhr erteilt. Vereinbart wurden mit der Gazprom nun aber 38,5 Prozent.

Entweder hat Seele geheime Zusagen, oder er versucht Norwegen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das ist riskant, denn Putin bläst im hohen Norden ein viel kälterer Wind entgegen als in Mitteleuropa. Sagt Oslo Nein, dann hat Seele nichts, um die Gazprom-Beteiligung zu bezahlen – aber das Nordsee-Problem weiterhin am Hals. Und die OMV hätte einen weiteren gescheiterten Konzernchef. (Eric Frey, 14.12.2016)