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Schulz-Nachfolge: Antonio Tajani gilt als chancenreich.

EPA/ALEJANDRO BOLIVAR

Straßburg/Brüssel – Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, hat sich am Mittwoch in einer Rede vor dem Plenum in Straßburg verabschiedet. "Ich war ganz sicher kein bequemer und auch kein einfacher Präsident", sagte er den EU-Abgeordneten, die ihm fraktionsübergreifend großen Applaus spendeten. Ihm sei es stets darum gegangen, das gemeinsame Europa hochzuhalten, gegen "Spalter und Ultranationalisten" zu verteidigen. Er werde immer "gegen den Hass stehen" und sei stolz darauf, dass er durch das bei den EU-Wahlen 2014 angewandte Modell der Spitzenkandidaten der Parteifamilien zum Ausbau der Demokratie beigetragen habe, erklärte der Sozialdemokrat. Er war dem Christdemokraten Jean-Claude Juncker (EVP) unterlegen, der Kommissionschef wurde.

Schulz genoss in fünf Jahren Amtszeit unter den meisten Abgeordneten – bei aller sonstigen Kritik – den Ruf, dass er durch seine forcierte Öffentlichkeitsarbeit dem Parlament viel höheren Stellenwert verschafft hat als alle seine Vorgänger. Offiziell bleibt er bis zur Wahl seines Nachfolgers Mitte Jänner im Amt. Es gilt als sicher, dass er danach in die deutsche Bundespolitik wechselt, wahrscheinlich als Außenminister und Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier, der Bundespräsident wird.

Favorit als Parlamentspräsident ist nun Antonio Tajani, ein langer Weggefährte von Italiens Ex-Premierminister Silvio Berlusconi und Ex-EU-Kommissar. Er gewann in der EVP-Fraktion die Vorwahlen gegen drei Mitbewerber, die sich nach dem ersten Wahlgang alle überraschend zurückzogen. Das heizte im EP die Spekulationen an, dass es zu Tajani längst einen "Präsidenten-Deal" mit den Sozialdemokraten (S&D) gebe. Deren Fraktionschef Gianni Pittella ist auch Kandidat, ohne die Mehrheitsfraktion EVP hat er aber kaum Chance darauf, gewählt zu werden. Im Jänner werden noch mehrere Kandidaten aus anderen Fraktionen antreten. Entscheidend ist am Ende, wer im vierten Wahlgang bei der Stichwahl seine Deals mit einer Mehrheit gemacht hat. Gegen Tajani gibt es wegen Berlusconi starke Widerstände, ein Überraschungskandidat ist nicht ausgeschlossen. (tom, 14.12.2016)