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Foto: dpa / Jens Wolf

Auch wenn sich Christian Kern und Reinhold Mitterlehner um ein freundlicheres Miteinander bemühen und die Koalition bis 2018 weitermacht, ist im kommenden Jahr mit harten Auseinandersetzungen in der Steuerpolitik zu rechnen. ÖVP-Generalsekretär Werner Amon hat im STANDARD-Interview bereits zu einer Senkung der Lohnnebenkosten aufgerufen, während Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl eine weitere Senkung der Einkommensteuer um fünf Milliarden Euro fordert – und das mit neuen Vermögenssteuern gegenfinanzieren will.

Die SPÖ wird sicher oft und laut nach Vermögenssteuern rufen und sich dabei auf die Expertisen von OECD, Internationalem Währungsfonds, Wifo und anderen Institutionen berufen, die alle darauf hinweisen, dass in Österreich Arbeit zu hoch und Kapital zu niedrig besteuert ist. Und da auch die ÖVP Änderungen am Koalitionspakt will, kann sie sich nicht mehr darauf berufen, dass solche Steuern nicht im Regierungsübereinkommen stehen.

Riesiger Unterschied

Aber SPÖ-Vertreter begehen in ihrer Rhetorik einen inhaltlichen und taktischen Fehler, indem sie Steuern auf Kapital in einen Topf werfen. Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen einer klassischen Vermögenssteuer, bei der jedes Jahr ein Prozentsatz des Vermögens an den Staat abgeliefert werden muss, und einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer. Die Erstere ist eine echte Substanzsteuer und schwierig zu administrieren. Die Letztere ist einfach zu handhaben und ökonomisch sowie politisch höchst vernünftig.

Die Vermögenssteuer wurde in Österreich in den 1990er-Jahren vom SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina mit guten Gründen abgeschafft. Sie war ineffizient und in der Einhebung oft willkürlich. Ihre Wiedereinführung zu fordern ist eine Art von Klassenkampf, der zwar an der SPÖ-Basis gut ankommen mag, aber keine Chance auf Zustimmung der ÖVP hat. Wenn Niessl und andere das fordern, machen sie bloß Stimmung.

Abschaffung zum falschen Zeitpunkt

Anders die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Sie verschwand 2008, weil die ÖVP den Auftrag des Verfassungsgerichtshofs, sie fairer zu gestalten, in einem zynischen Manöver dazu nutzte, sie einfach abzuschaffen. Das geschah kurz vor dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise und hat bei vielen den Eindruck noch verschärft, dass die Reichen im Land sich alles richten können. Ihre Wiedereinführung wäre ein Schritt gegen die wachsende Ungleichheit und würde die Senkung anderer Abgaben erleichtern.

Aber um diese Reform durchzusetzen, muss die SPÖ aufhören, sie als Steuer auf Kapital zu verkaufen. Erbschafts- und Schenkungssteuern sind klassische Kapitalzuwachssteuern, wie es sie bereits vielfach gibt. Eine Erbschaft ist ein Zufluss von Vermögen, also eine Einnahme genauso wie ein Gehalt oder ein Honorar – mit dem Unterschied, dass man dafür keine Gegenleistung erbracht hat. Aber genau das rechtfertigt eine moderate Besteuerung – am besten nur zehn Prozent, höchstens 25 Prozent – umso mehr.

Abgeltung der kalten Progression

Wenn sich die Regierung dazu verpflichtet, alle Einnahmen aus einer solchen Steuer im nächsten oder übernächsten Jahr in eine Einkommensteuersenkung – etwa zur Abgeltung der kalten Progression – fließen zu lassen, könnte auch niemand von einer Mehrbelastung sprechen. Es wäre genau jene Umschichtung von der Besteuerung der Arbeit auf Vermögen, die alle Experten fordern. Einen solchen Plan müsste auch die ÖVP akzeptieren können.

Wenn SPÖ-Politiker und -Experten bloß weiterhin nach Vermögenssteuern schreien, dann tragen sie nur zu mehr Zwist in der Koalition und nicht zu mehr Steuergerechtigkeit bei. (Eric Frey, 15.12.2016)