Das frühe Kino zeigte gern Varietéattraktionen: Frauen erscheinen in Serpentinentänzen als Blüten und Schmetterlinge. In ihrem Regiedebüt Die Tänzerin huldigt Stéphanie Di Giusto der vergessenen Erfinderin dieser Illusion, Loïe Fuller, dargestellt von der Musikerin und Schauspielerin SoKo.

In leichten Seidenstoff gehüllt lässt es sich leichter tanzen: SoKo als Loïe Fuller.
Foto: Thimfilm

Zur Zeit der Belle Époque ein Star in Frankreich, trat Fuller am Höhepunkt ihrer Karriere sogar in der Pariser Oper auf. Gefilmt werden wollte sie, trotz ihrer Bekanntschaft mit Edison, jedoch nie. Um sich vor Nachahmungen zu schützen, fertigte sie akribische Zeichnungen ihrer Tänze an, um sie patentieren zu lassen.

Bei Di Giusto kann man sehen, wie sie nach Perfektion strebt und ihren Körper, der nicht die leichte Grazie einer Tänzerin besitzt, bis in die Erschöpfung treibt. Mithilfe von schweren Holzstäben, die sie in ihren Händen hält und um ihren Körper schleudert, kann sie den leichten Seidenstoff in eine Choreografie zwingen. Immer aufwendigere Lichteffekte führen zu Augenverbrennungen, die den geschundenen Körper noch mehr schwächen. In diesem Kontrast zwischen Leichtigkeit und Schwere liegen auch die Stärken des Films.

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Die Unbekanntheit ihrer Protagonistin gab Di Giusto die Freiheit, ihr Biopic fiktiv anzureichern: Fullers finanzieller Unterstützer und Freund Louis Dorsay (Gaspard Ulliel) ist frei erfunden. Isadora Duncan (Lily-Rose Depp) war hingegen tatsächlich ihre Schülerin und wurde zu einer Ikone des Modern Dance.

Sie ist der leichte Gegenpol, der die Lehrerin gleichzeitig fasziniert und frustriert. Wäre der Fokus auf Fullers Arbeit und ihren emanzipatorischen Kampf gerichtet geblieben, hätte das dem Film einige Längen genommen. So verfällt Di Giusto jedoch oft dem Schauwert amouröser Abenteuer. (kst, 14.12.2016)