Eine stolze Sammlung von Penisknochen. Warum aber fehlt dem Menschen, was die Menschenaffen noch besitzen?

Joanna Scott, Nature

Der Rekordhalter unter den Penisknochenbesitzern ist das Walross. Hier abgebildet: zwei rund 60 Zentimeter lange Exemplare.

Didier Descouens, Museum von Toulouse

London/Wien – Rund um den Penisknochen ranken sich viele Mythen und Rätsel. Womöglich kann man mit dem sogenannten Baculum aber auch erklären, warum im Alten Testament Eva aus der Rippe Adams geschaffen wurde. Diese Rippe könnte die Fehlübersetzung eines hebräischen Begriffs für Penisknochen sein. Das würde immerhin auch erklären, warum Männer im Gegensatz zu männlichen Schimpansen keinen Penisknochen besitzen, dafür aber eine "Naht" am Penis, die in dieser Interpretation von der "Entnahme" des Knochens herrührt.

Abgesehen von solchen theologischen Spitzfindigkeiten wird der Penisknochen auch unter den Evolutionsbiologen heftig diskutiert. Das liegt nicht nur daran, dass der Penisknochen bei Säugetieren und bei Primaten weit verbreitet ist, beim Menschen aber fehlt. Umstritten sind auch die Gründe für die sehr unterschiedlichen Größen (bis zu 60 Zentimetern beim Walross) und auch die Funktionen des Knochens.

Längere Kopulationszeiten

Relativ offensichtlich ist, dass der Penisknochen die Steifigkeit des Penis während der Paarung unterstützt. Das wiederum ermöglicht den Männchen eine relativ lange Kopulationszeit und scheint sich in Sachen sexueller Selektion positiv auszuwirken. Im Vorjahr schlugen Forscher in einer Studie über das Baculum bei Fledermäusen noch eine zweite Funktion vor: Das Baculum könnte die Öffnung der Harnröhre sicherstellen.

Die Anthropologen Matilda Brindle und Christopher Opie (beide University College London) wollten nun genau wissen, was es mit der etwas undurchschaubaren Verteilung des Knochens und der Knochenlänge bei den Säugetieren auf sich hat. Dafür zogen sie relativ aufwendige statistische Methoden heran, um die Gründe für diese Variabilität zu finden.

Harte Konkurrenz unter den Männchen

Wie die Forscher im Fachblatt "Proceedings der Royal Society B" schreiben, konnten sie Zusammenhänge der Penisknochenlänge etwa mit der Hodenmasse ausschließen, hingegen bestätigen, dass die Länge mit der Dauer der Kopulation positiv korreliert. Das Resümee der Anthropologen: Penisknochen sind vor allem bei jenen Arten wichtig, die eine hohe postkopulative sexuelle Selektion aufweisen, sprich: bei denen es polygam zugeht und die Männchen in buchstäblich harten Konkurrenz zu ihren Geschlechtsgenossen stehen. (Klaus Taschwer, 14.12.2016)