In Wien sind gebrauchte Eigentumswohnungen beliebt. Die Preise für Eigentum und Miete steigen.

Foto: Moritz Reitmeier

Wien – Während die österreichische Bevölkerung pro Jahr um 1,3 Prozent wächst, hinkt der Wohnraumzuwachs hinterher. Vor allem im Ballungsraum um Wien gebe es derzeit zu wenig neue, leistbare Wohnungen, sagt Josef Schmidinger, Generaldirektor der s Bausparkasse in einem Pressegespräch am Dienstag: "Die Wohnwirtschaft bewegt sich im Schildkrötenlauf." Bereits 2020 soll Österreich – vor allem durch Zuwanderung – die Neun-Millionen-Einwohner-Marke überspringen.

Die meisten Zuwanderer ziehen in den Osten Österreichs, nach Wien, in das Burgenland und Niederösterreich. Aber auch Vorarlberg und Tirol werden in den kommenden Jahren stark anwachsen. Die derzeitigen Baubewilligungen würden jedoch nicht die Zuzugsdynamik decken, meint Schmidinger. Heuer wurden 65.000 Baubewilligungen vergeben. Rund 30 Prozent davon machen Umbauten aus, die keinen neuen Wohnraum schaffen.

Immobilienpreise steigen

Die Preissteigerung mache sich sowohl am Eigentums- als auch am Mietmarkt bemerkbar: Grundstückspreise sind österreichweit im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um 14,6 Prozent angestiegen, Wohnimmobilien im zweiten Quartal um 9,5 Prozent. Die Preise für Eigentumswohnungen haben sich besonders in den Bundesländern stark erhöht. Gebrauchte Eigentumswohnungen wären in der Bundeshauptstadt zurzeit besonders begehrt. Zur Finanzierung seien Bausparverträge "nach wie vor positiv verankert", heißt es bei der s Bausparkasse. Insgesamt wurden rund zwei Prozent mehr Verträge abgeschlossen als im Vorjahr. Niedrige Zinsen hätten vor allem zu einem Anstieg an Wohnbaukrediten geführt.

In Wien und Umgebung herrscht eine Wohnraumknappheit: Nur zwei Prozent der Wohnungen stehen leer, diese Menge wäre zu gering, um die Preise für Eigentum und Miete wieder zu dämpfen, meint der Sparkassendirektor. Im Osten Österreichs müssten mindestens 5.000 neue Wohnungen gebaut werden, um die Reserve wieder aufzufüllen. Bauträger würden momentan aber vermehrt auf große Dachgeschoßausbauten setzen, statt leistbare kleinere Einheiten zu errichten und zu verkaufen.

Neben den Kaufpreisen haben auch die Mietpreise österreichweit in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Durchschnittsquadratmetermiete beträgt 7,5 Euro, in Wien liegt sie zwischen 13 und 14 Euro und in Salzburg zwischen 16 und 18 Euro.

Stagnierende Förderungen

Rund 0,7 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts fließen in die Wohnbauförderung. Dieser Wert sei im europäischen Vergleich eher gering, kritisiert Schmidinger. Die Fördersummen für den Wohnbau hätten seit 2010 nur minimal zugenommen, die Wohnbeihilfen sogar abgenommen. Das könnte künftig ein Problem darstellen: Denn auch wenn das real verfügbare Einkommen gewachsen sei, würden durch Migration viele einkommensschwache Familien leistbaren Wohnraum benötigen. Mindestens 20.000 geförderte Wohneinheiten müssten in den kommenden fünf Jahren geschaffen werden, um einen mietpreissenkenden Effekt zu erzielen.

Eigentum boomt

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) hat gemeinsam mit ImmoUnited die Grundbuchdaten der fünf wichtigsten Ballungszentren des Landes – Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck – analysiert. Das Resumée: Bis zum Jahresende dürften österreichweit insgesamt sogar etwas mehr Wohnungen den Besitzer gewechselt haben, als im "Rekordjahr" 2015, in dem aufgrund der Anfang 2016 in Kraft getretenen Steuerreform um rund ein Viertel mehr Verkäufe als 2014 verzeichnet wurden. In Wien wird für heuer von mehr als 16.000 Transaktionen ausgegangen.

In der Bundeshauptstadt seien die Preise heuer erneut leicht gestiegen, berichtete ÖVI-Vorstand Andreas Wollein. Die mittleren 50 Prozent der Wohnungspreise bei Neubauwohnungen lagen zwischen 3.300 und 4.800 Euro pro Quadratmeter. Besonderen Mangel orteten die Experten bei Wohnungen im Mittelpreissegment. Ein Anstieg der Bautätigkeit – besonders in Stadtentwicklungsgebieten – werde langfristig aber preisdämpfend wirken.

Der günstigste Ballungsraum ist Graz, wo bisher rund 4000 Wohnungstransaktionen für das heurige Jahr verzeichnet wurden. In Linz waren es 1600, der dortige Markt wird laut ÖVI von geringem Angebot und steigenden Preisen charakterisiert. Weitaus teurer ist Salzburg, wo die Preisspanne für Neubauwohnungen zwischen 3700 und 5000 Euro liegt. Der teuerste Markt ist Innsbruck, wo die Hälfte der 2016 verkaufen Wohnungen zwischen 3500 und 4800 Euro pro Quadratmeter kostete. (lauf, zof, 13.12.2016)