In der Koalitionsregierung in Deutschland mehren sich die Rufe nach konkreten gesetzlichen Maßnahmen gegen Falschinformationen im Internet. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte am Montag der Nachrichtenagentur Reuters, es müsse Konsequenzen haben, wenn ein soziales Netzwerk einen Hinweis zu einer "Fake News" erhalten habe, diese dann aber trotzdem stehen lasse.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Ansgar Heveling, sagte, bei gezielten Verleumdungskampagnen im Internet halte er schärfere Sanktionen im Strafrecht für sinnvoll. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, bekräftigte seine Forderung nach einem Straftatbestand für Desinformationskampagnen. Hier gebe es eine Regelungslücke.

Hackerangriffe und organisierte Desinformation

Der CSU-Politiker verwies auf zunehmende Hackerangriffe auf Parteien und politische Organisationen sowie Desinformationen. Den Tätern gehe es darum, mit falschen Informationen eine bestimmte Wirkung zu erzielen und etwa das Surfverhalten zu beeinflussen, sagte Mayer zu Reuters. Sein Unionskollege Heveling entgegnete allerdings, es gebe schon diverse Straftatbestände wie Verleumdung und üble Nachrede, die in diese Richtung gingen. "Die Frage ist, ob da überhaupt noch Raum für einen eigenen neuen Straftatbestand gegen Desinformationen im Internet ist. Ich sehe das eher zurückhaltend." Der CDU-Politiker fügte aber hinzu: "Wenn die üble Nachrede oder die Verleumdung Kampagnencharakter haben, spricht das für eine Strafverschärfung."

Zusätzlich Brisanz erhält die Debatte durch die Grünen-Politikerin Renate Künast, die gegen eine Falschnachricht auf Facebook vorgeht. Von der früheren Agrarministerin war ein erfundenes Zitat veröffentlicht worden. Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zufolge stellte sie Strafanzeige gegen die Macher der Seite sowie gegen Unbekannt. In dem Magazin kritisierte sie, dass es trotz der eindeutigen Sachlage gut drei Tage gedauert habe, bis der Eintrag von Facebook gelöscht worden sei.

Sanktionen gefordert

"Wir sollten regeln, dass es Sanktionen gibt, wenn ein soziales Netzwerk durch einen Hinweis weiß, dass Fake News verbreitet werden und es diese dann trotzdem stehen lässt", sagte der SPD-Rechtspolitiker Fechner. Zudem sollte es Sanktionen geben, wenn ein soziales Netzwerk Daten nicht herausgebe und so zivilrechtliche Unterlassungsansprüche nicht geltend gemacht werden könnten. Es müsse darüber hinaus geprüft werden, ob es eine Lücke im Strafrecht gebe. "Ich bin da offen für eine Diskussion." Mit Justizminister Heiko Maas sei er sich einig, dass gleich im neuen Jahr diese Fragen diskutiert und gegebenenfalls gesetzgeberisch gehandelt werden solle.

Das Justizministerium gab sich zu einem eigenen Straftatbestand zu Desinformationen aber zurückhaltend. Schon nach dem geltenden Recht könnten bestimmte Fälschungen strafrechtlich relevant sein, etwa Zitate, die Personen untergeschoben würden, sagte ein Sprecher.

Die Chefs der deutschen Geheimdienste hatten unlängst vor einer russischen Einmischung in den Bundestagswahlkampf gewarnt. Auch Innenminister Thomas de Maizière hat deutlich gemacht, es gebe zunehmend Cyberattacken aus dem Ausland, die meist aus Russland und China gesteuert würden.

Die SPD rief die anderen Parteien zu einer Selbstverpflichtung für einen sauberen Bundestagswahlkampf im Internet auf. Vizeparteichef Thorsten Schäfer-Gümbel sagte, die SPD lehne "manipulative social bots" ebenso ab wie das gezielte Verbreiten von Falschmeldungen. (APA, 12.12.2016)