Gut drei Viertel der Autos, die mehr als zehn Jahre alt sind, "verschwinden" ...

Foto: apn /Frank Hormann

Österreich wird oft als Umweltmusterland bezeichnet und übernimmt auch gerne Haushaltsmüll von Ländern, die über zu wenige oder keine Müllverbrennungsanlagen verfügen – wie derzeit bei Italien der Fall. In anderen Abfallsegmenten ist man hierzulande aber wenig vorbildlich, vor allem bei Altautos und ausgemusteren Elektrogeräten.

Insbesondere bei Altfahrzeugen werde "die Situation immer schlimmer", sagt Walter Kletzmayr, Geschäftsführer der Arge Shredder GmbH, zum STANDARD. Gut drei Viertel der Autos, die mehr als zehn Jahre alt sind, "verschwinden einfach". Unter der Annahme, dass einige in privaten Garagen herumstehen, kommt Kletzmayr auf 150.000 alte Karren, die jedes Jahr illegal aus Österreich transportiert werden. Sie werden in den Osten Europas gebracht oder nach Afrika. Auf wilden Deponien werden ihnen verkaufbare Rohstoffe entnommen, etwa Kupferkabel.

Dubiose Praktiken

In Österreich gibt es dabei ebenfalls dubiose Praktiken: Händler werben mit Visitenkarten an den Windschutzscheiben parkender, nicht mehr ganz junger Pkws damit, dass sie das Auto kaufen würden. Nimmt man mit dem Händler Kontakt auf, geht es schnell zur Sache: Um ein paar hundert Euro ist man den Kübel los. Im Westen Österreichs werden die Autos in Richtung der Häfen von Rotterdam oder Hamburg gebracht; im Osten in die Schwarzmeerregion.

Auch der EU-Kommission ist dieser Altautoschwund ein Dorn im Auge. Auf unfassbare hundert Millionen Stück Altfahrzeuge in den vergangenen zehn Jahren wird der illegale Export geschätzt. Es ist ein hoher Verlust von eigentlich wertvollen Metallen und Rohstoffen – von der Umweltbombe, die da in den Zielländern entsteht, erst gar nicht zu reden.

In Österreich sind es sechs Autoschredderanlagen, die zunehmend um Auslastung kämpfen. Eine EU-Richtlinie, die solche – eigentlich – Schwarzmarktgeschäfte unter Strafe stellt und Zollbeamten mehr Befugnisse gibt, wurde bisher nicht umgesetzt. "Die Leute folgen halt dem Geld", klagt Kletzmayr. Anstatt die Autos zu den 4.500 Stellen in Österreich zu bringen, an denen man Altfahrzeuge gratis zurückgeben kann, würden die Besitzer lieber die paar hundert Euro aus dem Verkauf nehmen.

Elektrobranche mit ähnlichem Problem

Ein ähnliches Problem hat die Elektrobranche. Auch dort ist die Rolle des Konsumenten nicht sehr sauber. Vor allem im Osten Österreichs, insbesondere in Grenznähe, stellen die Menschen ausrangierte Haushaltsgeräte, häufig Weißware, vor die Gartentür. Schnell werden die Sachen aufgesammelt und vor allem nach Ungarn gebracht. Dort werden sie entweder eine Zeitlang verwendet oder aber, weil die Geräte meist nicht besonders gut in Schuss sind, ebenfalls nach Rohstoffen hin zerteilt.

Bei dieser unsachgemäßen Entsorgung kann es zu Verletzungen kommen, auch das Grundwasser wird gefährdet. Beachtliche 15.000 Tonnen Elektro- und Elektronikschrott finden so jährlich den Weg ins Ausland, so die Elektrogeräte-Koordinierungsstelle Austria. (Johanna Ruzicka, 13.12.2016)