Berlin/Wien/Brüssel – Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt macht nach der Einigung mit der EU-Kommission bei der Umsetzung der Pkw-Maut Druck. Noch vor Weihnachten will die Regierung in Berlin das geänderte Maut-Gesetz im Kabinett beschließen, wie die Nachrichtenagentur Reuters recherchierte. Die geplante Maut sorgt weiterhin für Ärger mit Österreich.

Danach soll die Maut am 21. Dezember das Kabinett passieren. Bisher hatte das Ministerium lediglich erklärt, dass man noch vor Weihnachten einen Gesetzesentwurf erarbeiten und in die Abstimmung mit den Ressorts geben wolle. Im Kabinett müssen dann auch die SPD-geführten Ministerien zustimmen. In den Sozialdemokraten wird die Pkw-Maut des CSU-Politikers Dobrindt kritisch gesehen.

Hintergrund des Verfahrens dürfte sein, dass Dobrindt die Gesetzgebung aus dem Bundestagswahlkampf und auch aus den Landtagswahlkämpfen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen heraushalten will. Vor allem in NRW wird die Maut, die allein Ausländer zusätzlich belasten soll, nicht nur bei der SPD, sondern auch bei der CDU kritisch gesehen. Mit seiner Grenze zu den Niederlanden und Belgien hat das Land ein großes Interesse am grenzüberschreitenden Verkehr für Pendler und Gewerbe.

Die EU-Kommission hatte den Weg für die Maut Anfang Dezember unter der Bedingung freigemacht, dass die Umweltkomponente gestärkt und es mehr Varianten bei den Kurzzeitvignetten gibt. Dafür muss aber das bereits von Regierung und Bundestag beschlossene Maut-Gesetz komplett von vorn erarbeitet und gebilligt werden. In Kraft treten soll die Maut erst in der nächsten Wahlperiode.

In Österreich stößt besonders auf Kritik, dass Autofahrer aus Deutschland als Ausgleich für die Maut bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollen ."Wir sind in Österreich sehr unglücklich darüber", sagte Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) der "Bild am Sonntag".

Dobrindt widersprach der Kritik aus Wien. Kern irre sich, sagte der CSU-Politiker. "Österreich hat bei der Einführung der Maut die eigenen Autofahrer erheblich entlastet – und zwar insbesondere über die Pendlerpauschale." Aus Österreich würden beim Thema Pkw-Maut "ausschließlich nationale Interessen" formuliert. "Wer nach Österreich kommt, soll zahlen, aber Österreicher sollen in Deutschland kostenlos fahren dürfen", fügte Dobrindt hinzu. "Dieses Denken ist nicht europäisch und auch nicht angemessen."

Die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission hatten Anfang Dezember einen Kompromiss zur im In- und Ausland umstrittenen Pkw-Maut verkündet. Dieser sieht unterschiedliche Kurzzeitvignetten und dabei günstigere Preise für Halter von umweltfreundlichen Fahrzeugen vor. Inländische Autofahrer werden den Plänen zufolge bei der Kfz-Steuer entlastet. Neben Österreich hatten auch die Niederlande die Maut scharf kritisiert. Beide Länder überlegen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Der Streit um die Ausländermaut hat laut dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" auch im Europaparlament emotionale Debatten zur Folge. Dem Magazin zufolge soll ein CSU-Politiker wegen einer Unterschriftenaktion, mit der EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc vor das Parlament zitieren werden soll, um zur Einigung Stellung zu nehmen, mit "Vergeltung" gedroht. Europaparlamentarier der CSU versuchten demnach vergeblich, die Unterschriftenliste, an der auch die ÖVP-Abgeordneten Claudia Schmidt beteiligt war, zu verhindern. CSU-Wirtschaftspolitiker Markus Ferber soll dabei eine Drohung ausgesprochen haben, sollte die Aktion nicht unterbleiben: "Dann mache ich eure Maut in Österreich kaputt." (APA/Reuters, 11.12.2016)