Ludwig II. (Markus Meyer) und Elisabeth (Regina Fritsch).

Foto: Reinhard Maximilian Werner / Burgtheater

Wien – Nur nicht im Glanz des eigenen Bildes verlorengehen! So heißt es warnend in Bastian Krafts Inszenierung Ludwig II. im Akademietheater. Der deutsche Regisseur sucht in seiner an Luchino Viscontis Film (1972) orientierten Bühnenfassung vor allem nach der Abbildbarkeit des tragischen Königslebens: Der unverstandene, politikverdrossene Wittelsbacherspross Ludwig ging nach qualvollen Jahren schließlich in den Starnberger See.

Kraft (er war am Burgtheater auch verantwortlich für den Publikumshit Dorian Gray) setzt dafür auf einer stets nächtlich durchdrungenen Bühne (Peter Baur) einen Mechanismus von Spiegelungen und Projektionen in Gang, die traumverloren wirken.

Auf vielen weißen Flecken, die die endlos langen Schleppen der Kleider sowohl von Ludwig (Markus Meyer) als auch von seiner Cousine und engen Freundin Kaiserin Elisabeth (Regina Fritsch) an einer schrägen Spiegelwand abgeben, leuchten Gesichter auf: von Regierungsräten und Militärs, Klerus oder der Königsmutter. Nicht genug der Spiegelung: Sie allesamt verbergen unverkennbar, wenn auch gut geschminkt, das Gesicht Markus Meyers. Einige von ihnen sind allerdings nahe an der Karikatur.

Nur noch Richard Wagner, vom Bayernkönig überaus verehrt und gefördert, ist in Gestalt des ebenfalls reinweiß, also projektionsbereit gekleideten Johann Adam Oest als Dritter auf der Bühne.

Überlagerungen

Wie in Viscontis fünfteiligem Original sind auch im Akademietheater O-Töne der Figuren dazwischengeschnitten. Dem Gedanken des Bildermachens folgend, inszeniert Bastian Kraft den Abend peripher gar als Making-of des Filmdrehs, um Realitäts- und Abbildungsebenen zu verwirren. Sogar damalige Filmkritiken werden zum Besten gegeben.

Darin schlägt sich der knapp zweistündige Abend prächtig: Er fasziniert in seinem Bilderwerfer-Malstrom, in seinen vielfältigen Überlagerungen und schafft nicht zuletzt durch lückenlos hörbare Sprache (das ist im Theater selbst an den besten Plätzen nicht immer so) hohe Konzentration; es wird punktuell gar richtig magisch.

Dieser Akademietheaterabend umreißt das vage Bild eines gescheiterten Monarchen, der sich angewidert vom Krieg und der Realpolitik einzig in der Schönheit und der Kunst Erlösung versprach. Die aseptische Bühne in Schwarz und Weiß, auf der nichts als ein Tischblock vor einer Spiegelwand steht, kündet von Ludwigs erlittener Einsamkeit. Selbst die Liebe zum Diener Hornig ist hier lediglich ein geglücktes Ineinander von Projektionen.

Über Ludwig zieht Verfinsterung auf, parallel dazu färbt sich sein weißes Outfit zunehmend schwarz. Dass er mit der Farbe aus dem Tintenfass in Wahrheit schon das schlammige Brackwasser des Starnberger Sees an seinem Körper kleben hat, gehört zu dem knapp am Kunstgewerbe vorbeischrammenden, letztlich aber knochentrockenen und wirksamen Spiel mit der Farb- und Schmutzmetapher.

Das Premierenpublikum spendete kräftig Applaus, vor allem für Markus Meyer, der mit Ludwig einen famosen Akt postpsychologischen Theaters hinlegte. (Margarete Affenzeller, 12.12.2016)