Mannschaftsaufstellung von Waitakere United: Pirmin Strasser in sattem grün.

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Der Mann hält nicht nur gut, er geht auch über Wasser.

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Derbysieg! Waitakere United schlägt Auckland City.

NZFootball

Auckland/Wien – Pirmin Strasser wurde in seiner Nachtruhe kaum gestört. "Das Schlafzimmer hat gewackelt, es war nicht schlimm", sagt der Oberösterreicher. Es waren die Ausläufer des Erdbebens von Canterbury, die Mitte November am rund 600 Kilometer entfernten Bett in Auckland rüttelten. Wenn nicht gerade Kontinentalplatten zusammenstoßen, ist das Leben in Neuseeland eine Freude. "Ein traumhaftes Land", sagt Strasser. Er wohnt unweit des Tapakuna Beach, viel besser kann man es kaum erwischen. Der 26-Jährige gerät ob der Lebensqualität am Pazifischen Ozean ins Schwärmen, bremst sich aber flugs wieder ein. Schließlich sei er des Fußballs wegen in die südliche Hemisphäre gezogen. Zu diesem Zwecke ist Waitakere United, seit Sommer Arbeitgeber des Torhüters, nicht die allererste Adresse. Dessen ist sich Strasser bewusst: "Manche halten das wohl für einen brutalen Abstieg."

Strasser hat sportlich keine einfachen Jahre hinter sich, im Jänner 2011 wechselte er von der SV Ried ins andalusische Almería. Der Verein spielte damals in der Primera División, der Torhüter kam in der zweiten Mannschaft zum Einsatz. Der Traum vom spanischen Oberhaus wurde durch einen im Training erlittenen Wirbelsäulenbruch schmerzvoll gestoppt: "Zwei Jahre war an Fußball nicht zu denken, eine harte Zeit." Nach seiner Rückkehr in die österreichische Bundesliga kam der einstige Nachwuchsnationalspieler zu 13 Einsätzen beim SV Grödig. Der Rest ist traurige Vereinsgeschichte, der Klub zog sich im Sommer nach dem Abstieg aus dem Profigeschäft zurück, und Strasser musste sich nach Alternativen umsehen.

Abenteuerlust

Nun also Neuseeland. "Das ist bestimmt kein normaler Transfer", sagt Strasser. Im Sommer unterschrieb er abenteuerlustig einen Einjahresvertrag beim zweifachen Champions-League-Sieger. Ja, Champions-League-Sieger. Gut, die Gegner in Ozeanien gehören kleineren Verbänden wie jenen von Tahiti und Samoa an, aber immerhin, Waitakere United hat Pokale in der Vitrine stehen. Zwei Teilnahmen an der Fifa-Klub-Weltmeisterschaft kommen nicht von ungefähr. Strasser hat sich beim Vorjahressechsten der New Zealand Football Championship gut eingelebt, ist im Tor die klare Nummer eins: "Ich konnte das Vertrauen gleich bei meinem Debüt bestätigen." Beim 1:0-Auswärtserfolg gegen Auckland City hatte der Goalie alle Hände voll zu tun, ehe der erste Derbysieg seit zwei Jahren gefeiert werden konnte. Medien sahen in Strasser nach dessen Premiere einen Schlüsselspieler gedeihen: "Ich habe ein ausgezeichnetes Standing, gut für mein Selbstvertrauen."

Die neuseeländische Liga steht für einen kampfbetonten Fußball. "Es geht schnell hin und her, die Spiele sind nicht von Taktik geprägt." Trotz des hohen Unterhaltungsfaktors ist der Publikumsandrang gering. Der Kulturschock hält sich nach zwei Saisonen in Grödig in Grenzen, die Atmosphäre ist familiär. "Bei unserem ersten Heimspiel konnte man die Zuseher abzählen." Zuerst kommt in Neuseeland eben Rugby. Dann lange nichts. Und dann wieder Rugby. "Trotzdem geht es im Fußball nicht um die goldene Kiwi", sagt Strasser. Die Liga besteht aus zehn Vereinen, die jeweils zweimal aufeinandertreffen. Die besten vier Mannschaften qualifizieren sich für die Playoffs. Der sechste Titel in der Vereinsgeschichte ist das Ziel der Rot-Weißen, nach acht Runden und fünf Siegen darf man sich als Vierter Hoffnungen machen.

Am 30. Juni 2017 läuft Strassers Vertrag bei Waitakere aus. Darüber hinaus macht sich der Tormann keine großen Gedanken. "Ich will noch einmal durchstarten", sagt er, wohl wissend, dass man in Neuseeland nicht an vorderster Front der Auslage steht. "Der Sprung nach Australien ist denkbar, Waitakere ist nicht meine letzte Station im Profifußball." Zunächst soll mit Freundin Christiane aber noch das Leben auf der nördlichen Insel des Landes genossen werden: "Mit der Fähre bin ich in zehn Minuten in Auckland. Es ist zwar kein Urlaub, aber es fühlt sich doch ein bisschen so an. Das ist ja auch nichts Schlechtes." (Philip Bauer, 10.12.2016)