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Via Smartphone ist man überall im Netz, wo sich laut Claudia Schäfer von Zara Falsch- und Hassmeldungen "wie Streubomben verbreiten".

Foto: Reuters/Stefan Wermuth

Wien – Hassmeldungen im Internet sind nicht nur für jene, gegen die sie sich richten, eine Gefahr. Claudia Schäfer vom Verein Zara bezeichnet sie als "verheerend für Demokratie und Menschenrechte". Die Inhalte von Falschmeldungen und Hasspostings würden sich "wie Streubomben" verbreiten, sagte die Mitarbeiterin des Vereins für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit am Freitag bei der Präsentation des diesjährigen Menschenrechtsbefunds der Liga für Menschenrechte, für den Schäfer einen Beitrag über Online-Hetze verfasst hat.

Das Phänomen nehme stark zu, berichtete Schäfer – und das, obwohl Unternehmen wie Twitter und Facebook heuer mit der EU-Kommission einen Verhaltenskodex zum Vorgehen gegen Hass im Netz vereinbart haben, in dem sie unter anderem zusagten, gemeldete Hasskommentare jeweils binnen 24 Stunden zu löschen. Zara habe aber feststellen müssen, dass im Zuge eines Monitorings nur elf der von dem Verein beanstandeten 94 Beiträge tatsächlich aus dem Netz genommen worden seien. Die Politik müsse dringend handeln und mehr Druck auf die IT-Firmen ausüben. Außerdem brauche es Anlaufstellen für Opfer.

Duzdar: "Keine Lappalie"

Die selbst auferlegten Regeln der Internetunternehmen "scheinen in keiner Weise eingehalten zu werden", teilte in einer Reaktion Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) mit. Hass im Netz sei "keine Lappalie". Hetznachrichten würden "nachhaltig unser Zusammenleben vergiften", warnte die grüne Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Parlament, Alev Korun. Und "mit Sorge" sieht einer Aussendung zufolge der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, dass "das Recht auf Meinungsfreiheit durch die Zunahme von Hetze, Beschimpfungen und Hassreden missbraucht und damit untergraben wird".

Nicht nur Hetze im Netz ist Thema im Menschenrechtsbefund 2016, der generell "gravierende Defizite" im Umgang mit Menschenrechten beklagt. Seit Jahren weise man auf die unbefriedigende Situation im Maßnahmenvollzug hin. Zwar gebe es Verbesserungen, doch sei auch eine Häufung von Einweisungen wegen vergleichsweise weniger gefährlicher Delikte zu beobachten, berichtete Barbara Helige, Präsidentin der Liga für Menschenrechte.

"Vergessen und verschwiegen"

Martin Schenk von der Armutskonferenz warnte zudem davor, dass Kürzungen der Mindestsicherung viele Menschen beträfen, unter anderem auch alleinerziehende Mütter oder chronisch Kranke. Bei den Kürzungen gebe es viele Probleme, die "vergessen und verschwiegen" würden. Außerdem müsse man sich den Ursachen für die Zunahme der Zahl der Bezieher widmen.

Gewalt gegen Frauen ist ein weiterer Schwerpunkt des Berichts. Sabine Mandl vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte ortet speziell für Frauen mit Behinderung und Frauen auf der Flucht, für die keine ausreichenden Schutz- und Unterstützungsstrukturen zur Verfügung stünden, akuten Handlungsbedarf.

Aktionsplan gefordert

Auch das Recht auf Wohnung, Inklusion sowie die politischen Entwicklungen in der Türkei sind ein Thema im Menschenrechtsbefund, der jedes Jahr anlässlich des Tags der Menschenrechte (10. Dezember) präsentiert wird.

Die Volksanwaltschaft forderte am Freitag für 2017 einen neuen Anlauf zur Entwicklung eines "Nationalen Aktionsplanes Menschenrechte". Der Plan findet sich im Regierungsprogramm, bisher seien die Ankündigungen aber "im Sand verlaufen", beklagte Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) in einer Aussendung. (spri, 9.12.2016)