Der oberösterreichische FPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner spricht trotz der Wahlniederlage vom größten Erfolg der FPÖ. Die Funktionäre seien jetzt voll motiviert.

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STANDARD: Wie groß ist Ihre Enttäuschung über die Niederlage von Norbert Hofer bei der Wahl?

Haimbuchner: Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es keine Enttäuschung gegeben hat. Natürlich geht man in einen Wahlkampf mit der Erwartung, diesen auch gewinnen zu können. Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass es keine Niederlage für die FPÖ oder Norbert Hofer war. Es ist uns gelungen, einen sehr großen Teil der Wähler an einen freiheitlichen Kandidaten zu binden. Was die Zustimmung betrifft, war das der größte freiheitliche Erfolg, den wir jemals einfahren konnten.

STANDARD: Was waren die Ursachen dafür, dass Alexander Van der Bellen seinen Vorsprung noch einmal ausbauen konnte?

Haimbuchner: Der Gegenseite ist es gelungen, durch eine Kampagne mehr zu mobilisieren, das hat man auch an der gestiegenen Wahlbeteiligung gesehen. Uns ist es nicht gelungen, unser Potenzial zur Gänze auszuschöpfen. Wir müssen jetzt diskutieren, wieweit es uns gelungen ist, Frauen anzusprechen, inwiefern auch das Europathema einen Ausschlag gegeben hat.

STANDARD: Hat das Europathema der FPÖ geschadet?

Haimbuchner: Wir müssen unseren Standpunkt zu Europa und zur Europäischen Union sicher klarer kommunizieren.

STANDARD: Wird es von der FPÖ ein klares Bekenntnis zur EU geben, oder werden Sie weiterhin einen europakritischen Kurs fahren?

Haimbuchner: Wir werden jedenfalls einen EU-kritischen Kurs verfolgen, da werden wir unsere Politik nicht ändern. Aber wir müssen klar darauf hinweisen, dass wir nicht für einen Austritt Österreichs aus der EU sind. Wir sind für Europa, aber wir sind für ein besseres Europa. Wir lieben Europa, aber wir möchten ein anderes Europa, eine andere Union.

STANDARD: Ist die FPÖ nach diesem Wahlkampf ausgepowert, oder haben Sie sich gerade erst warmgelaufen?

Haimbuchner: Eindeutig Letzteres. Das sehe ich auch an der Stimmung unserer Spitzenfunktionäre. Nach der ersten Enttäuschung herrscht jetzt eine sehr große Motivation. Es geht um die FPÖ gegen alle anderen.

STANDARD: Wie soll die Partei künftig Hofer einsetzen? Wird er Parteiobmann oder Spitzenkandidat?

Haimbuchner: Es gibt überhaupt keinen Machtkampf in der FPÖ, das ist eine von den Medien herbeigeschriebene Blase, das entbehrt jeglicher Grundlage. Es gibt keine Obmanndiskussion. Heinz-Christian Strache ist und bleibt unser Bundesparteiobmann, er ist unser Kanzlerkandidat. Norbert Hofer wird eine wesentliche Rolle spielen, er wird jedenfalls Listenzweiter bei der Nationalratswahl sein. Wir werden mit Hofer auch in die nächste Bundespräsidentenwahl in sechs Jahren gehen.

STANDARD: In den anderen Parteien gibt es eine Diskussion über den Umgang mit der FPÖ. Aus der ÖVP gab es von Generalsekretär Werner Amon unlängst auch recht scharfe Worte, er hat Ihnen die Befähigung zum Koalitionspartner abgesprochen. Irgendwie kommen Sie aus dem politischen Schmuddeleck nicht heraus.

Haimbuchner: Ich bin aus der Schmuddelecke jedenfalls herausgetreten, wir haben in Oberösterreich ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP. In Wahrheit kommt die ÖVP aus ihrer eigenen Ecke nicht mehr heraus. Rot-Schwarz wird sich nach der nächsten Nationalratswahl wahrscheinlich nicht mehr ausgehen, und zu einer Zusammenarbeit mit der FPÖ kann sich die ÖVP auf Bundesebene nicht deutlich aussprechen. Das allergrößte Problem hat also die ÖVP.

STANDARD: Die SPÖ hat ihre Entscheidungsfindung auch noch nicht abgeschlossen.

Haimbuchner: Wer A sagt, muss auch B sagen. Es hat dieses sehr erfreuliche Gespräch zwischen Kanzler Kern und Strache gegeben, das ist auch persönlich und menschlich gut gelaufen. Die SPÖ sucht das Gespräch mit uns, aber dann gibt es einige, die wollen mit uns nicht zusammenarbeiten. Da muss sich die SPÖ klar werden, was sie eigentlich will.

STANDARD: Gibt es aus Ihrer Sicht eine Präferenz? SPÖ oder ÖVP?

Haimbuchner: Nein. Ich habe in Oberösterreich eine gute Zusammenarbeit mit der ÖVP, ich habe auch gute Kontakte zu SPÖ, bin aber der Meinung, dass mit der SPÖ gesellschaftspolitisch kein Staat zu machen ist. Auf der anderen Seite haben wir das Problem, dass die ÖVP selbst in vielen Bereichen zu einer sozialdemokratischen Partei geworden ist und konservative Standpunkte überhaupt nicht mehr offensiv vertritt.

STANDARD: Sie hätten lieber eine konservativere ÖVP?

Haimbuchner: Ich hätte lieber eine berechenbarere ÖVP. Die SPÖ ist viel berechenbarer. Die SPÖ hat sich für Van der Bellen ausgesprochen, gut, ist in Ordnung. Die ÖVP hat so getan, als würde sie keine Wahlempfehlung ausgeben, hat hinter dem Rücken über die Bürgermeister doch eine Wahlempfehlung ausgegeben. Mitterlehner hat sich deklariert, Lopatka hat dann seine persönliche Meinung geäußert und wurde zum Rapport zitiert. Die ÖVP hat keinen Standpunkt und keine Linie, sie ist unberechenbar.

STANDARD: Täten Sie sich mit einem ÖVP-Chef Sebastian Kurz leichter?

Haimbuchner: Kurz muss sich erst einmal beweisen. Ich weiß nicht, wie er sich die Zukunft Österreichs vorstellt und ob er die Grabenkämpfe in der ÖVP beenden kann. Jeder ÖVP-Chef ist noch an der eigenen Partei gescheitert. (Michael Völker, 10.12.2016)