Tel Aviv/Jerusalem – Im israelisch besetzten Westjordanland droht eine harte Konfrontation um die "wilde" jüdische Siedlung Amona. Die israelische Regierung will zwar die wilden Siedlungen legalisieren, doch Amona ist davon ausgenommen. Nun bereiten sich Sicherheitskräfte auf die Räumung des Außenpostens in der Nähe von Ramallah vor.

Hunderte Polizisten hätten bereits den Einsatz in der Wüste geübt, berichtete die Zeitung "Haaretz" am Freitag. Das Höchste Gericht hatte angeordnet, dass der Ort mit rund 280 Einwohnern bis zum 25. Dezember aufgegeben werden muss, da er auf Privatgelände von Palästinensern errichtet wurde.

Proteste

Hunderte junge Menschen aus der Umgebung seien nach Amona gekommen, um gegen die geplante Räumung zu protestieren, berichtete das Portal "Ynet". Bei einer ähnlichen Aktion im Jahr 2006 waren mehr als 200 Demonstranten und 50 Polizisten verletzt worden. 6000 Sicherheitskräfte standen damals in Amona mehreren Tausend Siedlern gegenüber.

Israel bemüht sich aktuell darum, Tausende Wohnungen in "wilden Siedlungen" auf palästinensischem Privatland zu legalisieren. Ursprünglich hatten die Initiatoren von der Siedlerpartei gehofft, mit dem Gesetz die Räumung Amonas zu verhindern. Vor einer ersten Abstimmung im Parlament war ein entsprechender Passus dazu allerdings gestrichen worden, da für Amona bereits die Gerichtsentscheidung zur Räumung vorliegt. Die Regierung sucht nach alternativen Standorten für die Familien und bemüht sich laut Medienberichten zudem um einen Aufschub.

Bennett: Weg zu Annektierung

Der ultra-rechte Erziehungsminister Naftali Bennett hatte laut "Jerusalem Post" bereits Anfang der Woche gesagt, es bestehe kein Zweifel daran: "Das Gesetz ebnet den Weg zu einer Annektierung." Bennett spricht sich dafür aus, das palästinensische Westjordanland dem israelischen Staatsgebiet einzuverleiben.

Für eine Annektierung gibt es laut einer aktuellen Umfrage des israelischen Institutes für Demokratie Unterstützung in der jüdischen Bevölkerung. 44 Prozent der Menschen würden einen solchen Schritt befürworten. Nur 38 Prozent lehnten ihn ab. Dass in einem solchen Fall die Palästinenser die gleichen Rechte bekommen müssten wie die Israelis, ist dabei für viele keine Selbstverständlichkeit. Nur 42 Prozent stimmten der Aussage zu. 48 Prozent lehnten sie ab.

Internationales Recht verletzt

Die Vereinten Nationen haben Kritik an der geplanten Legalisierung der "wilden Siedlungen" geäußert. Das Gesetz würde "internationales Recht verletzen", sagte der UNO-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad al-Hussein am Donnerstag in Genf. "Israel als Besatzungsmacht muss das Privateigentum von Palästinensern achten, unabhängig davon, ob Kompensation vorgesehen ist oder nicht."

Israel unterscheidet zwischen rund 120 Siedlungen im Westjordanland, die mit Genehmigung der Regierung errichtet wurden, und rund 100 "wilden Siedlungen", die aber weitgehend geduldet werden. Nach internationalem Recht sind alle Siedlungen in den besetzten Gebieten illegal, und die internationale Gemeinschaft sieht die Siedlungen Hindernis für eine Friedensregelung an.

Nach Angaben der israelischen Organisation Peace Now würde das Gesetz rund 55 Außenposten und 4.000 Wohneinheiten legalisieren. Peace Now nennt das Gesetz einen "riesigen Landraub" von 800 Hektar Privatland von Palästinensern.

Im Westjordanland und Ost-Jerusalem leben nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Betselem etwa 550.000 israelische Siedler. Israel hat das Westjordanland im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert und kontrolliert es seither weitgehend. (APA, 9.12.2016)