Das Dienstleistungsabkommen Tisa wurde nicht von Demonstranten, sondern von den USA gestoppt.

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Bananen könnten schon bald billiger werden. Durch ein Freihandelsabkommen der EU mit Ecuador sinken die Zölle auf das wichtigste Exportprodukt des Andenstaats. Von zuletzt 124 Euro pro Tonne werden die EU-Tarife bis 2020 auf 75 Euro reduziert. Auch sonst tut sich einiges: Handelsexperten in der EU-Kommission rechnen mit einem Abschluss eines Handelsabkommens mit Japan und einem Investitionsschutzvertrag mit China unter Umständen im kommenden Jahr.

Zudem soll mit Ceta die umstrittene Partnerschaft der EU mit Kanada im März vorläufig in Kraft treten. Auch wenn der Sozialausschuss im Europaparlament am Donnerstag eine kritische Stellungnahme abgab, wird am 2. Februar im Plenum eine klare Mehrheit für Ceta erwartet.

Doch selbst ein Durchwinken des Kanada-Abkommens kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kampf gegen Handelsbarrieren mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten deutlich an Zugkraft verloren hat. Dabei geht es gar nicht nur um das bilaterale Abkommen TTIP, sondern auch um internationale Vereinbarungen.

Barrierefreier Markt

Noch vor wenigen Wochen hat es danach ausgesehen, als könnte es noch heuer einen Durchbruch beim umfassenden Dienstleistungsabkommen Tisa geben. Die EU verhandelt seit 2012 mit 22 anderen Staaten – darunter Japan, die USA und Australien – über eine Öffnung der Services. Es geht dabei um die Schaffung eines annähernd barrierefreien Marktes für Notare, Steuerberater, Architekten, Bildungsleistungen, Datenverarbeitung und viele andere Bereiche. Doch statt das Abkommen abzuschließen, "haben die Amerikaner den Stecker gezogen", berichtet ein hoher Beamter in Brüssel. Nachsatz: Ohne die USA fehle Tisa "die kritische Masse". Anders ausgedrückt: Das Abkommen ohne Washington voranzutreiben wird in Brüssel als nicht zielführend erachtet.

Die große Schar der Globalisierungskritiker hat mit dieser Folge des unerwünschten Wahlausgangs in den USA keinerlei Problem. Laut der grünen Europaabgeordneten Ska Keller, die auch im Handelsausschuss der Volksvertretung sitzt, hätten mit Tisa massive Beeinträchtigungen für öffentliche Dienstleistungen gedroht. Als Beispiele nennt die Deutsche, die kommende Woche zur Fraktionsvorsitzenden der Grünen gekürt werden soll, Subventionen für Volkshochschulen oder die "Rekommunalisierung" von Dienstleistungen, wie etwa die Rücknahme von Privatisierungen in Bereichen wie Müll, Wasser oder Gesundheit.

Rote Linie der EU-Kommission

Auch der Datenschutz könnte unter die Räder kommen, meinen Kritiker. Die Kommission kann mit derartigen Befürchtungen wenig anfangen. Hier würden Forderungen anderer Länder zum Faktum hochstilisiert. Dabei habe die EU-Kommission in sensiblen Fragen rote Linien gezogen. Dass diese nicht überschritten würden, habe man bei Ceta bewiesen, sagt ein EU-Beamter, der namentlich nicht genannt werden will.

Während Tisa erst nach dem Trump-Sieg eingefroren wurde, steckte TTIP schon länger fest. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange: "Das Abkommen war schon unter Obama Geschichte." Seit drei Jahren habe es in zentralen Fragen keine Fortschritte gegeben, meint der SPD-Mandatar, weshalb sich die EU vorerst mit kleineren Partnern wie Kanada und Ecuador begnügen muss. (Andreas Schnauder aus Brüssel, 9.12.2016)