Das von Architekt Herwig Graf entworfene, auf die Böschung oberhalb der Wulka gebaute Kulturzentrum verlottert nun als Leerbestand. Ab Frühjahr soll umgebaut werden. Dagegen macht vehement eine Plattform mobil.

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Mattersburg – Als Helmut Bieler, Burgenlands Landesrat für Kultur und Finanzen, vor fast drei Jahren verkündete, das in die Jahre gekommene Kulturzentrum in Mattersburg werde neu gebaut, dachte niemand, dass sich der Plan spießen könnte. Allgemein galt der Bau ja als besonders schiach. Siebzigerjahre!

Folgerichtig hat man auch verucht, ihn hinter allerlei Gestrüpp zu verstecken. Im Vergleich dazu galt der Rohr-Unterbau der Zusatztribüne im gleich gegenüberliegenden Pappelstadions als formschön.

Mittlerweile aber hat das Burgenland – und zu seinem Bauherren-Leidwesen auch Helmut Bieler – erfahren, was für ein architektonischer Schatz – entworfen vom Architekten Herwig Graf – dieser 1976 eröffnete Bau ist.

Brutal oder sanft

Eine rasch ins Leben gerufene Plattform, "Rettet das Kulturzentrum Mattersburg", hat gegen den Bielerplan nämlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Bis ins Frankfurter Architekturmuseum hat sich das Gebilde aus Sichtbeton und Waschbeton herumgesprochen. Dort startete man mit einer Rückbesinnung auf die 1970er. Und deren markanten Baustil: Brutalismus!

Und so ist der Brutalismus, mit welchem das Bieler‘schen Büros dem Mattersburger Betonmonster zu Leibe rücken wollte, zu sanfter Renovierung gedrängt worden. Ein erster Entwurf fand gleichwohl keine Gnade in den Augen der Brutalisten. Das Bundesdenkmalamt schaltete sich ein. Unlängst erging ein Bescheid: Die Fassade sei zu erhalten.

Bauen oder nicht bauen

Dadurch werde der Umbau, so Helmut Bieler, zwar um rund anderthalb Millionen Euro teurer, könne dafür aber mit Beginn der nächsten Bausaison starten. Drei Jahre, nachdem Mattersburgs rote Bürgermeisterin Ingrid Salamon erfahren musste, dass das Kulturzentrum – es beheimatete ein Gasthaus, das Literaturhaus, die Volkshochschule, eine Galerie, und es war zugleich auch der Ballsaal der Stadt – zusperre. Jetzt sagt sie, und sie klingt dabei ungeduldig: "Wenn man gewisse Dinge nicht mehr hat, weiß man erst, was einem abgeht."

Ob tatsächlich im Frühjahr gebaut wird (Bieler: "Es gilt der Bescheid des Bundesdenkmalamts."), will die Plattform allerdings immer noch in Frage stellen.

Gutachten oder nicht Gutachten

Am heutigen Freitag lädt man zu einer Informationsveranstaltung, wo unter anderem zur Sprache gebracht werden soll, dass da seit Oktober das 30-seitige Gutachten der Architekten Albert Kirchengast und Stefan Tenhalter beim Eigentümer liegt. Der – die Burgenländische Beteiligungs- und Liegenschafts GmbH (Belig) – halte das aber unter Verschluss.

In welche Richtung (brutal brutalistisch oder eher doch auch brutal sanft) gegutachtet wurde, kann und darf nicht in Erfahrung gebracht werden. Denn, so Albert Kirchengast: "Seitens der Rechtsanwälte der Belig wurde uns untersagt, an öffentlichen Diskussionen über das Bauwerk teilzunehmen."

Atem der Sozialdemokratie

Untergegangen in dieser architekturzentrierten Debatte ist der Umstand, dass Mattersburg das erste Kulturzentrum war, das vom Atem sozialdemokratischen Kulturwollens beseelt war. Bruno Kreiskys Kulturminister Fred Sinowatz sah darin – Baustil hin, Baustil her – "ein Modell für ganz Österreich. Für sowas aber gibt es wohl kein Denkmalamt.

(Wolfgang Weisgram, 9.12.2016)