Alexander Van der Bellen hat inklusive Briefwählern bei der Bundespräsidentenwahl mit 53,8 Prozent der Stimmen gegen seinen FPÖ-Konkurrenten Norbert Hofer gewonnen, der auf 46,2 Prozent kam. Damit hat Van der Bellen sein eigenes Ergebnis gegenüber der aufgehobenen Stichwahl vom Mai um 3,5 Prozentpunkte verbessert. Das Wahlverhalten verläuft wie damals entlang demografischer Faktoren wie Alter, Bildung und Geschlecht.

Nicht umsonst hat Van der Bellen seine erste Rede mit seiner Sicht auf "die sogenannte Spaltung und Polarisierung in diesem Land" begonnen. Er sehe das "ein wenig anders", erklärte er. Und was seine Zugewinne gegenüber der ersten Stichwahl betrifft, hat er auch recht.

Diese sind nicht eindeutig einzelnen Bevölkerungsgruppen zuzurechnen. Es war ein Zugewinn in allen Gruppen – ob alt oder jung, Stadt oder Land, kaufkräftig oder kapitalschwach. Allerdings gibt es Feinheiten, die sich in sechs Grafiken zusammenfassen lassen.

Bessere Kaufkraft, besseres Van-der-Bellen-Ergebnis

Mit Informationen von Regiodata Research lassen sich die Ergebnisse der Bundespräsidentenwahl in einem neuen Blickwinkel betrachten. Werden alle Ergebnisse nach Kaufkraft gebündelt, ergibt sich folgendes Ergebnis:

Theoretisch könnten diese Grafiken auch nur den Unterschied im Wahlverhalten zwischen Stadt und Land zeigen. Rechnet man allerdings ein Modell mit der These "Je kaufkräftiger die Gemeinde, desto besser das Van-der-Bellen-Ergebnis" durch und kontrolliert um die Variable "städtische oder ländliche Gemeinde", zeigt sich klar, dass die Kaufkraftdaten das Ergebnis besser erklären. Bessere Kaufkraft beruht jedoch oft auf einem hohen Bildungsabschluss. Diese Grafik zeigt, dass Van der Bellen besser abschneidet, wenn in einer Gemeinde der Anteil der Akademiker höher ist.

Zugewinne in allen Gemeindetypen

Das Plus Van der Bellens ist unabhängig von der Gemeindegröße. In kleineren Gemeinden ist der Zugewinn aber stärker ausgefallen. Jede Gemeindegrößeklasse, die in der nachstehenden Grafik enthalten ist, beinhaltet etwa ein Zehntel der österreichischen Gemeinden. In den Orten, die zwischen 600 und 1.200 Einwohner haben, hat Van der Bellen am signifikantesten zugelegt. Je weiter Sie nach unten scrollen, desto deutlicher wird tendenziell der prozentuale Zugewinn.

Anmerkungen: Die Gemeindegrößenklasse beinhaltet immer alle Gemeinde bis zur nächstgrößeren Klasse. Eine Gemeindegrößenklasse zeigt alle Gemeinden mit 3.500 bis 5.000 Einwohnern, die nächste alle von 2.800 bis 3.500 Einwohnern. Unschärfe: Die Bezirke Wiens sind in dieser Analyse ausgeklammert, weil sie die Gemeindegrößenklassen verzerren würden.

Das ist wichtig, weil die Zahl der zu vergebenden Stimmen dort besonders hoch ist. In ländlichen Gebieten wurden bei der Wiederholung der Stichwahl 44 Prozent der Urnenstimmen abgegeben.

Der Zuwachs Van der Bellens bleibt konstant, wenn Briefwählerstimmen inkludiert werden. Es gibt keinen einzigen Bezirk in Österreich, in dem der designierte Bundespräsident sein Ergebnis nicht verbessert hat.

Einzelne Bevölkerungsgruppen besser überzeugt

Van der Bellen hat seine Wähler aus dem ersten Wahlgang fast zur Gänze wieder aktivieren können und zusätzlich Personen aus dem Lager der Nichtwähler gewonnen. Das hat die Wählerstromanalyse gezeigt. Eine Betrachtung der Wahltagsbefragung bringt zusätzlich jene Gruppen hervor, die er bei diesem Anlauf besser davon überzeugen konnte, ihm ihre Stimme zu geben.

Bei öffentlich Bediensteten, Personen mit mittlerem Schulabschluss (zum Beispiel Handelsschule) und Frauen über 60 Jahren hat Van der Bellen im Vergleich zur Stichwahl im Mai stark zugelegt. Bausteine dafür könnten sein, dass die Regierung (fast) geschlossen für Van der Bellen geworben hat, aber auch das virale Video einer 89-jährigen Holocaust-Überlebenden, die sich an die Zeit vor der NS-Machtübernahme erinnert fühlte.

Mehr Hofer-Verhinderung als Überzeugung für Van der Bellen

Aber: Viele Stimmen, die Van der Bellen erhalten hat, waren nicht für ihn als Kandidaten gedacht, sondern richteten sich gegen Norbert Hofer. Das gilt für 42 Prozent seiner Wähler. Insofern muss Van der Bellen nicht nur versuchen auch Präsident zu sein, für jene, die ihn nicht gewählt haben, wie er es in seiner Rede formulierte, sondern auch für einen Teil seiner eigenen Wähler. (gart, fin, Flooh Perlot, 7.12.2016)