Wien – Warnungen vor einer Preisblase auf dem heimischen Wohnungsmarkt kann die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) nicht nachvollziehen. "Das ist ein Bereich, auf den man aufpassen muss", räumt Gouverneur Ewald Nowontny zwar ein, gibt aber zu bedenken: Man müsse genau differenzieren, da sich Österreich in einer anderen Situation als andere Märkte befinde. Einer der wichtigsten Unterschiede zu anderen Ländern mit hohen Zuwachsraten bei Wohnungspreisen: Das Ausgangsniveau ist hierzulande laut Nowotny sehr niedrig gewesen.

Somit weist der OeNB-Chef die vergangene Woche erfolgte Aussage des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) zurück, wonach Österreich als einem von acht EU-Ländern eine Überhitzung des Wohnungsmarkts drohe: "Wir teilen das nicht."

Spezieller Wohnungsmarkt

Österreich habe einen sehr speziellen Immobilienmarkt – einfach international gängige Modelle überzustülpen hält Nowotny daher nicht für angebracht. Und zwar aus folgenden Gründen: Die Hypothekarkredite seien im Verhältnis zum BIP deutlich niedriger als in den Niederlanden oder Schweden und mit mehr Eigenmitteln unterfüttert. Zudem verweist Nowotny auf den höheren Anteil an Mietwohnungen, dazu kämen der geförderte Wohnbau und Gemeindewohnungen.

Zum Beleg zieht die OeNB-Direktorin Doris Ritzberger-Grünwald Wien heran, wo die Preisanstiege am deutlichsten ausgefallen seien. Einerseits habe sich dort der Preisauftrieb im dritten Quartal eingebremst, andererseits gebe es vergleichsweise wenige Betroffene: Lediglich 18 Prozent der Wiener Haushalte würden über eine Eigentumswohnung verfügen.

Stressfeste Haushalte

Selbst wenn man die Haushalte einem Stresstest aussetzt, wie es die OeNB mit einem Zinsanstieg um fast vier Prozent auf Vorkrisenniveaus getan hat, sieht Ritzberger-Grünwald "keinen dramatischen Anstieg der Haushalte, die in Probleme geraten könnten". Einer der Sicherheitspuffer: Die Immobilienkredite seien auf das einkommensstärkste Viertel der Haushalte konzentriert.

Der Wohnbau dürfe dennoch nicht zurückgehen, betont Nowotny: "Wir haben in Österreich und speziell in Wien noch Bedarf." Danach sieht es freilich ohnedies nicht aus: Im ersten Quartal 2016 sind die Baubewilligungen für Wohnungen in Österreich um 21 Prozent angestiegen, in Wien gar um 57 Prozent.

Grundsätzlich ist Nowotny der Ansicht, dass sich die internationale Einschätzung für Österreichs Finanz- und Bankenmarkt "massiv verbessert" habe. Hinsichtlich Kapitalausstattung und fauler Kredite werde die heimische Bankenlandschaft als "weniger gefährlich" eingestuft. Aus Sicht der Währungshüter gibt es aber noch einiges zu tun. Etwa hinsichtlich der bei 6,2 Milliarden Euro stagnierenden Deckungslücke von Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern: Banken und Schuldner sollten vor Ablauf der Restlaufzeit, zumeist mehr als sieben Jahre, Lösungen suchen. (aha, 5.12.2016)