Matteo Renzi reichte am Montag bei Präsident Sergio Mattarella seinen Rücktritt ein.

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Rom – Italiens Präsident Sergio Mattarella könnte den Rücktritt von Premier Matteo Renzi vorerst nicht annehmen, bis das Parlament das Haushaltsgesetz 2017 verabschiedet hat, wie am Montag aus Regierungskreisen in Rom verlautete. Renzi plant demnach am Montag um 18.30 Uhr eine Ministerratsitzung, bei der er ankündigen könnte, dass er trotz seines Rücktritts vorübergehend weiterhin im Amt bleiben wird.

Mattarella hatte bei einem Gespräch mit Renzi am Montag die Parteien zu gegenseitigem Respekt aufgerufen. Zugleich betonte er, dass Italien bestimmte Termine berücksichtigen müsse. Er bezog sich dabei auf die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2017, das bis Jahresende vom Parlament abgesegnet werden muss. Dies bedeutet, dass Mattarella bis dahin das Parlament nicht auflösen will.

"Es waren tausend schwierige, aber schöne Tage. Danke allen! Es lebe Italien!", resümierte Renzi per Twitter seine fast drei Jahre Amtszeit. Die große Mehrheit der Italiener – 59,1 Prozent – hatte Renzis Verfassungsreform am Sonntag abgelehnt. Die Wahlbeteiligung lag bei 68,4 Prozent und war damit höher als erwartet. Nur in der autonomen Region Trentino-Südtirol, in Renzis Heimatregion Toskana, der traditionell linksorientierten Region Emilia Romagna sowie unter den Auslandsitalienern siegte das Ja.

Renzi könnte auch PD-Führung aufgeben

Renzi könnte auch auf die Führung seiner Demokratischen Partei (PD) verzichten. Das oberste Parteigremium der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament tagt am Dienstag und berät über das Ergebnis des Referendums. Es muss über die Zukunft der Mitte-links-Partei entscheiden. Zuletzt war immer wieder Kritik an der Doppelrolle Renzis als Regierungschef und Parteivorsitzender aufgetaucht. Dem Ministerpräsidenten war mehrmals vorgeworfen worden, sich zu wenig um die Partei zu kümmern.

Tiefe Abneigung

Tiefe Divergenzen waren in der Partei auch während der Kampagne vor dem Verfassungsreferendum offensichtlich geworden. Der frühere Regierungschef Massimo D'Alema, der nie ein Hehl aus seiner Abneigung gegenüber Renzi gemacht hat, hat einen erbitterten Wahlkampf für ein Nein zur Verfassungsreform geführt. Dabei ging es vordergründig um die angeblich übermäßige Zentralisierung und mangelnde Repräsentanz der Volksvertretung. Tatsächlich kämpfen unterschiedliche Parteiflügel darum, wer die Strategie bestimmt. Die innere Opposition aus Renzis Sozialdemokraten will die linke Identität der Partei stärken.

Roberto Speranza, Chef des linken Flügels in Renzis PD, hofft, das Ruder der Partei zu übernehmen. "Renzi hat den Fehler begangen, die Wahlkampagne zu stark auf sich zu beziehen. Das Referendum ist zu einem Plebiszit über Renzi selbst geworden. Der Premier hat das Land gespalten. Jetzt heißt es, das Blatt zu wenden", meinte Speranza.

Pier Luigi Bersani, Renzis Vorgänger als Parteichef, forderte größere Anstrengungen für die Einheit der Partei: "Wer den Parteichef macht, muss sich um Einigung verschiedener Positionen bemühen", sagte Bersani.

Die Renzi-Gegner in der Demokratischen Partei, zu denen etliche verflossene Größen der italienischen Linken gehören, warten seit langem auf eine Revanche gegen den jungen Premier, der einst angetreten war, um die alte Garde zu "verschrotten", wie er es nannte. "Man spuckt auf uns und unsere Geschichte. Alles hat seine Grenzen. Ich werde wie Schrott behandelt", protestierte Bersani. Jetzt hofft er auf einen Neustart der Partei und eine Rückbesinnung auf die sozialdemokratische Tradition nach dem stark liberalen Kurs Renzis. Ob sich die Wege zwischen Renzi und dem PD dabei trennen, werden die kommenden Tage entscheiden. (APA, 5.12.2016)