Der Wahlkampfmanager wollte es gar nicht so recht glauben. "Es ist immer noch eine Hochrechnung", sagte Lothar Lockl mit vor Rührung glänzenden Augen in die Kamera, nachdem die erste Hochrechnung kurz nach 17 Uhr einen eindeutigen Vorsprung Alexander Van der Bellens auswies. Die versammelte Fangemeinde in den Wiener Sofiensälen ließ sich von Zweifeln freilich nicht bremsen: So viel haben Grüne nach einer Wahl vermutlich noch nie applaudiert.

"Das ist ein historischer Tag, eine historische Zäsur", sagt Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Sie sieht "ein Zeichen für ein Miteinander" und eine Entscheidung für einen bestimmten Stil: Eine Mehrheit der Bürger wolle keine Diffamierungen, wie sie die Freiheitlichen gegen Van der Bellen versucht hätten.

Erlösung für die Grünen

Für die Grünen ist das Ende des Wahlkampfs nicht nur wegen des Ergebnisses eine Erlösung. Ein knappes Jahr lang hat die Partei ihre eigene politische Arbeit zurückgeschraubt, um ja nicht die von Van der Bellen geköderten konservativ-bürgerlichen Wähler zu verschrecken. Ziel war schließlich, jene Wähler zu gewinnen, die keinen Grünen wählen würden, aber einen Kandidaten wie Norbert Hofer verhindern wollten.

Nicht nur das Ergebnis spricht dafür, dass die Strategie aufgegangen ist: Laut einer Wahltagsbefragung des Meinungsforschers Peter Hajek für ATV war Rechtsruckverhindern das stärkste Motiv der Van-der-Bellen-Wähler.

Die daraus resultierende Linie der Kampagne verlangte den Grünen einiges an Toleranz ab. Angesichts der Heimattümelei, die in der Adaption von Rainhard Fendrichs I am from Austria gipfelte, wird sich so mancher links orientierter Funktionär gedacht haben: Nase zu und durch.

Zahlen für distanzierten VdB

Mitgezahlt hat die Partei trotzdem eifrig. Laut Van der Bellens Homepage haben die Grünen seit Juli für die Kampagne 800.000 Euro an Geld- und Sachspenden lockergemacht. Dazu kommen über 3,2 Millionen aus den ersten beiden Wahlgängen.

Wirft all der Einsatz für die "breite Bürgerbewegung" (Glawischnig), die Van der Bellen in die Hofburg gehievt hat, nun auch Rendite für die Mutterpartei ab?

Sicher ist das nicht, schließlich hat sich der künftige Bundespräsident als Kandidat von den Grünen abgegrenzt. Glaubt man Umfragen, dann hat Van der Bellens Reputation im Wahlkampf kein bisschen abgestrahlt: Die Grünen stagnieren bei jenen zwölf Prozent, die sie bei der Nationalratswahl 2013 erreicht hatten. Glawischnig gibt sich keinen Illusionen hin: Das Ergebnis sei sicher nicht nur mit den Grünen erklärbar. (red, 4.12.2016)