Reaktionen auf die erste Hochrechnung am Wahlfest für Van der Bellen am Sonntag in Wien.

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Wien: Auch wenn zum Zeitpunkt der ersten Hochrechnung, die Alexander Van der Bellen bereits als Wahlsieger auswies, noch kein einziges Sprengelergebnis aus Wien vorlag, herrschte bei den Grünen in der Hauptstadt grenzenloser Jubel. Im Verlauf des Wahlabends kristallisierte sich heraus, dass Van der Bellen – wie bei der Stichwahl am 22. Mai – erneut einen klaren Wahlsieg in Wien eingefahren hat.

Nach Auszählung aller Wahlsprengel erreichte Van der Bellen ohne Wahlkarten 63,60 Prozent, Norbert Hofer (FPÖ) 36,40. Van der Bellen siegte in allen 23 Wiener Bezirken. In Neubau erreichte Van der Bellen 81,02 Prozent. In Simmering, der im Mai als einziger Bezirk an Hofer ging, setzte sich Van der Bellen diesmal mit 50,78 Prozent knapp durch.

Van der Bellen schaffte damit ein knapp besseres Ergebnis als im Mai: Damals kam Van der Bellen nach Auszählung aller Stimmen auf 63,32 Prozent, Norbert Hofer wählten 36,68 Prozent. Van der Bellen werde "ein großartiger Präsident sein, einer, der verbindet, der das Gemeinsame sucht", sagte Maria Vassilakou, grüne Vizebürgermeisterin in Wien. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der Van der Bellen unterstützte, sagte: "Österreich und Wien im Speziellen haben einmal mehr seine Weltoffenheit bewiesen."

Im Lager der Freiheitlichen wollte man am Sonntagabend von keiner Niederlage sprechen. Im Gegenteil: "Es war ein großartiger Erfolg, alle haben gegen uns gekämpft", meinte FPÖ-Klubchef Dominik Nepp im Gespräch mit dem STANDARD. Mit rund 36 Prozent der Wählerstimmen habe man das freiheitliche Wählerpotenzial in Wien "eigentlich komplett ausgeschöpft"

Niederösterreich: Bei der Stichwahl im Mai hatte Norbert Hofer in Niederösterreich das Rennen klar für sich entschieden: 52,7 Prozent der Wähler hatten für ihn votiert. Diesen Sonntag erhielt Hofer laut vorläufigem Ergebnis 50,8 Prozent der Stimmen, Alexander Van der Bellen 49,2 Prozent.

Der FPÖ-Kandidat punktete erneut in entlegeneren Regionen wie dem Wein- und dem Waldviertel. So wählte ihn etwa im Bezirk Melk laut vorläufigem Ergebnis die Mehrheit (55,7 Prozent) ebenso in den Bezirken Horn und Waidhofen an der Thaya (55,74 und 58,9 Prozent). Aber Van der Bellen konnte in diesen Bezirken jeweils bis zu drei Prozentpunkte zulegen. In den Gemeinden des Wiener Umlands war Van der Bellen erneut stark – und noch stärker. In der Stadt Mödling wählten ihn am Sonntag 67,1 Prozent (plus 3,3 Prozentpunkte), in der Stadt Baden 61,5 Prozent und in Perchtoldsdorf 66,7 Prozent der Wähler (plus 3,5 sowie plus 3,9 Prozentpunkte). 57 Prozent der Stimmen gingen in der Landeshauptstadt St. Pölten an Van der Bellen (plus 2,3 Prozentpunkte).

Der Wahlsieger von Sonntag konnte auch Mehrheiten zu seinen Gunsten drehen: In den Städten Traiskirchen und Amstetten erhielt er nun – anders als im Mai – knapp die Stimmenmehrheit.

Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen, sprach von einem "historischen Tag für Österreich." Aus der Sicht von FP-Landesobmann Walter Rosenkranz hat sich "die Panikkampagne der Anti-Hofer-Koalition durchgesetzt". Seitens der Landes-VP freute man sich, dass "ein quälendes Jahr Dauerwahlkampf" nun zu Ende sei.

Burgenland: Das Burgenland war auch diesmal Hofer-Land. Allerdings war die Zustimmung um knapp zwei Prozentpunkte geringer als im Mai. Das war schon am Nachmittag durchgesickert, sodass die Stimmung im blauen Landtagsklub entsprechend gedämpft war, bei den Grünen zeitgleich gedämpft zuversichtlich. Am Ende kam Alexander Van der Bellen auf 40,4 Prozent, in Eisenstadt auf deutliche 52,8.

In der Heimatgemeinde von Norbert Hofer, Pinkafeld, fiel das blaue Minus deutlich aus. Mit 70,3 Prozent büßte Hofer gleich drei Pozentpunkte ein. In Loipersbach, wo Landesparteichef Johann Tschürtz zu Hause ist, fiel das Minus mit fünf Prozentpunkten noch markanter aus.

In Wörterberg, wo Alexander Van der Bellen einmal einen Zweitwohnsitz hatte, kam Hofer auf 57,6, im benachbarten Stinatz/Stinjaki, wo Van der Bellen schon im Mai vorne lag, tat er dies auch diesmal. Van der Bellen kam da auf 67,2 Prozent. In Güttenbach/Pinkovac, wo im Mai nur eine Stimme für Hofer entschieden hatte, kam Van der Bellen nun auf 52,4 Prozent.

FP-Landeschef Tschürtz, der das Minus schon frühzeitig kommen gesehen hat, meint, nun werde man "den Norbert wieder mehr im Burgenland haben". Dass Hofer gescheitert sei, liege auch daran, "dass die gesamte Nation gegen ihn mobilisiert hat, da steckt natürlich Kraft dahinter". Das sieht Burgenlands Grünenchefin Regina Petrik ähnlich. "Dass Van der Bellen sogar hier zulegen konnte, verdanken wir den vielen, vielen Wahlhelferinnen und Wahlhelfern aus anderen Bundesländern und quer durch alle Parteien."

Steiermark: Graz blieb nicht nur eine österreichweite Hochburg der Van-der-Bellen-Wähler, der ehemalige Bundessprecher der Grünen, konnte seinen Vorsprung auch – verglichen mit dem Wahlergebnis vom Mai – deutlich ausbauen. Mit rund 64,5 Prozent gewann Van der Bellen hier – ein Plus von rund 2,5 Prozentpunkten. Die Grünen-Stadträtin Lisa Rücker zeigte sich am Abend im Grünen Haus in Graz "fassungslos", sie habe diesen klaren Sieg nicht erwartet: "Wunderbar, ein Wunder", sagt sie zum Standard. Der steirische Grünen-Chef Lambert Schönleitner sprach von einem "historischen Tag". Van der Bellen legte zwar im ganzen Bundesland um drei Prozentpunkte zu, doch Hofer blieb mit 53,2 steiermarkweit deutlich vor seinem Gegner.

Für Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) kam "diese Wahl nicht überraschend. Es war absehbar, denn man konnte auch in steirischen Gemeinden spüren, dass sich seit der letzten Wahl hier etwas hin zu Van der Bellen bewegt hat." Schützenhöfer bezeichnete den Sieg als "gute Entscheidung für Österreich", meinte aber: "Wir hätten uns auch für Hofer nicht schämen müssen."

Vorarlberg: Die schwarz-grüne Wahlfreundschaft, zahlreiche ÖVP-Politiker empfahlen Alexander Van der Bellen, hat sich für den grünnahen Professor bewährt. Van der Bellen gewann in 90 der 96 Gemeinden: 60,4 Prozent ohne Wahlkarten. Mit Wahlkartenhochrechnung kommt Van der Bellen voraussichtlich auf 62,1 Prozent. Norbert Hofer blieb unter 40 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit 58 Prozent höher als im Mai. So wurde in den Städten abgestimmt: In Dornbirn kam Van der Bellen auf 61,4 Prozent, in der Landeshauptstadt Bregenz auf 63,5 Prozent. In Feldkirch wählten ihn 62,3 Prozent, in Bludenz 61,8 Prozent. Selbst in Hohenems, das vom früheren FP-Landeschef Dieter Egger regiert wird, erreichte Van der Bellen knapp 53 Prozent. Die meisten Stimmen bekam Van der Bellen in Lech mit 78,4 Prozent. Hofer-Hochburgen waren Warth und Silbertal mit 59 Prozent.

Tirol: Die Wahlwiederholung hat Norbert Hofer in Tirol durchwegs geschadet. In sämtlichen großen Orten, die bis Redaktionsschluss ausgezählt waren, konnte sich Alexander Van der Bellen steigern. In Wörgl schaffte er es sogar, das Ergebnis mit 50,98 Prozent zu seinen Gunsten zu drehen (48,42 Prozent im Mai). Auch die Silberstadt Schwaz ging mit 51,56 Prozent diesmal an Van der Bellen (im Mai noch 48,14 Prozent). Die Tourismushochburg Kitzbühel votierte mit 50,14 Prozent erneut mehrheitlich für Hofer, der hier im Mai noch 53,59 Prozent holen konnte.

Trotz herrlichen Bergwetters zeichnete sich bis zum Abend vielerorts eine höhere Wahlbeteiligung ab als zuletzt. FP-Landeschef Markus Abwerzger gratulierte dem "Einheitskandidaten des Establishments". Die grüne Vizelandeshauptfrau Ingrid Felipe freute sich über einen "historischen Tag in einem verrückten Wahljahr". Van der Bellen steigerte sich auch in seiner Heimatgemeinde Kaunertal auf 86,40 Prozent (plus 1,26 Prozentpunkte). Hofer wiederum büßte in Spiss, wo er im Mai mit 87,50 Prozent noch Bundesrekord einfahren konnte, etwas über sieben Prozentpunkte ein.

Oberösterreich: Für Alexander Van der Bellen war in Oberösterreich erneut alles im grünen Bereich. Diesmal ging der ehemalige Grünen-Chef aber mit einem klaren Vorsprung über die Ziellinie: Van der Bellen erhielt – inklusive Wahlkartenprognose – 54,6 Prozent. Auf FPÖ-Kandidat Norbert Hofer entfielen demnach 45,4 Prozent der Stimmen. Im vergangenen Mai konnte Hofer in Oberösterreich noch 48,7 Prozent einfahren, Van der Bellen sicherte sich damals 51,3 Prozent.

Vor allem in den großen Städten konnte Alexander Van der Bellen noch deutlicher punkten: In Linz etwa sicherte sich dieser satte 63,4 Prozent, Norbert Hofer erreichte in der Landeshauptstadt nur magere 36,6 Prozent. Ansonsten zeigt sich ein gewohntes Bild: Van der Bellen punktete im Linzer Umland und im Salzkammergut, aber auch im Mühlviertel, Hofer im Innviertel und im Raum Wels. FP-Landeschef Manfred Haimbuchner ortet einen "Pyrrhussieg des Establishments, das ein Retro-Hochamt feiert", die grüne Landessprecherin Maria Buchmayr hingegen einen "historischen Tag für Österreich".

Salzburg: Das Land Salzburg dürfte sich gedreht haben: Das Ergebnis ohne Briefwahl von Sonntagabend weist landesweit 50,2 Prozent für Norbert Hofer aus. Das entspräche einem Minus von 4,8 Prozentpunkten gegenüber der Stichwahl im Mai. Bei diesem Auszählungsstand sind jedoch die Briefwahlstimmen nicht eingerechnet. Die Landesstatistik ging Sonntagabend jedenfalls davon aus, dass im Endergebnis Alexander Van der Bellen auch im Land Salzburg vor Hofer liegen könnte – wenn auch nur hauchdünn mit 51 Prozent. Zum Vergleich: Im Mai erreichte Hofer noch 52,8 Prozent.

Van der Bellen ist in Salzburg jedenfalls die gestiegene Wahlbeteiligung zugutegekommen: Diese ist in Salzburg um fast vier Prozent auf beinahe 66 Prozent geklettert. Deutlich war der Sieg Van der Bellens in der Landeshauptstadt: Hier erreichte er 60 Prozent (plus 1,1 Prozentpunkte). Aber selbst im dunkelblauen Lungau konnte der ehemalige Chef der Grünen zulegen: Der Stimmenanteil von 35 Prozent entspricht einem Plus von 3,5 Prozentpunkten. Noch größer war mit vier Prozent der Zuwachs im Pongau.

Kärnten: "Ich möchte mich auf diesem Weg bei Alexander Van der Bellen für das Geburtstagsgeschenk bedanken. Er hat Wort gehalten. Er hat mir zuletzt, als er bei uns in Kärnten war, für den heutigen Tag seinen Wahlsieg versprochen", schmunzelt der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der am Wahltag seinen 58. Geburtstag feierte.

Auch wenn im südlichen Bundesland Norbert Hofer generell mit 56,5 Prozent wieder vorne lag, hat Van der Bellen auch hier seine Position am Sonntag zum Teil deutlich ausgebaut. Hatte Van der Bellen beim ersten Durchgang nur einige wenige Kärntner Gemeinden auf seiner Seite, gewann er jetzt im zweiten Durchgang mehr als zehn Kommunen dazu.

"Für mich ist die Klarheit des Wahlsiegs, diese deutliche Entscheidung sehr überraschend gekommen", sagte Kaiser im Gespräch mit dem STANDARD. Dass Hofer für Österreich "etwas ganz anderes" wolle, sei ganz offensichtlich nicht akzeptiert worden, sagt Kaiser. Österreich habe sich "gegen Polarisierung und für ein Miteinander im gesamteuropäischen Kontext" entschieden.

Gewonnen hat Van der Bellen vor allem auch in den ländlichen Gebieten. "Es hat sich die Strategie ausgezahlt, dass sich Alexander Van der Bellen auch auf die ländliche Region konzentriert hatte. Hier gab es zum Teil sehr deutliche Zugewinne. Es ist ja doch der Nikolaus gekommen und nicht wie befürchtet der Krampus", scherzte Grünen-Landesrat Rolf Holub. Dennoch: Grosso modo bleibt Kärnten auch nach diesem Wahlgang blau. Ein symptomatisches Detailergebnis: In Feldkirchen war Hofer zuletzt auf 66 Prozent gekommen, nun sind es 62,5 Prozent. Van der Bellen erhöhte hier von 34 auf 37,5 Prozent (red, 4.12.2016)