Werden alle pauschal vereinbarten Überstunden richtig entlohnt? Wenn nicht, drohen saftige Strafen.

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Wien – Zum 1. 1. 2017 werden – wie berichtet – die Bemühungen des Gesetzgebers im Kampf gegen Unterentlohnung mit dem neuen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen. Schon bisher war Unterentlohnung strafbar, wird aber in der öffentlichen Wahrnehmung irrtümlich meist mit grenzüberschreitenden Bauvorhaben in Verbindung gebracht.

Strafbare Unterentlohnung liegt vor, wenn Arbeitnehmer beschäftigt werden, ohne ihnen zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag (KV) zustehende Entgelt zu leisten. Die überwiegende Mehrheit der in Österreich tätigen Arbeitnehmer unterliegt einem branchenspezifischen KV, der klar definierte Mindestentgeltansprüche vorsieht.

In der täglichen Praxis ist ein recht geringes Bewusstsein dafür erkennbar, dass auch inländische Arbeitgeber durch kleine Fehler schnell in die Lohndumpingfalle tappen können. Unter dem Entgeltbegriff des Lohndumping-Tatbestandes sind nämlich nicht nur das kollektivvertragliche Mindestgehalt, sondern seit dem 1. 1. 2015 unter anderem auch die Grundvergütung für Überstunden sowie die entsprechenden Überstundenzuschläge zu verstehen.

Risiko hoher Geldstrafen

Bei Unterschreitung dieser Mindestentgeltansprüche drohen dem Arbeitgeber hohe Geldstrafen. Das potentielle Strafmaß hängt von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer ab. Sind maximal drei Arbeitnehmer betroffen, kann bei erstmaliger Begehung pro betroffenen Arbeitnehmer eine Geldstrafe von tausend bis 10.000 Euro verhängt werden.

Gibt es mindestens vier von der Unterentlohnung betroffene Arbeitnehmer, drohen Geldstrafen in Höhe von 2000 bis 20.000 Euro pro Betroffenem. Mit steigender Anzahl der von Unterentlohnung betroffenen Arbeitnehmer steigt somit auch die mögliche Geldstrafe signifikant. Im Wiederholungsfall erhöht sich der Strafrahmen zusätzlich.

Die häufigste Fehlerquelle sind All-in-Vereinbarungen. Deren Wesen entspricht es, dass das ausgezahlte Monatsentgelt nicht nur zur Abgeltung der Normalarbeitszeit, sondern auch aller darüber hinaus erbrachten Leistungen (z. B. Mehrarbeit und Überstunden) dienen soll. Anstelle des kollektivvertraglich vorgesehenen Mindestgehalts vereinbaren die Parteien zu diesem Zweck ein höheres Ist-Entgelt. Die Überzahlung dient zur Abdeckung der Mehrleistungen. Um die tatsächlich erbrachten Mehrleistungen zu kompensieren, muss die Überzahlung demnach aber hoch genug sein.

Jährliche "Deckungsprüfung"

Ähnliches gilt für Überstundenpauschalen, bei denen neben dem Entgelt für die Normalarbeitszeit ein zusätzlicher Betrag zur Abdeckung einer bestimmten Anzahl an Überstunden dient. Auch hier muss das Pauschalentgelt hoch genug sein, um alle geleisteten Mehrstunden zu vergüten.

Bei Arbeitnehmern, die regelmäßig Überstunden erbringen, ist besondere Vorsicht geboten, da das Ausmaß der Überzahlung schnell ausgeschöpft sein kann.

Die Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer niedrigeren Entlohnung der Mehrleistungen genügt zur Verhinderung der Strafbarkeit nicht, zumal Bestimmungen des Arbeitsvertrags nur Wirkung entfalten, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind als der anwendbare Kollektivvertrag.

Um Strafbarkeit wegen Unterentlohnung bei All-in-Klauseln zu vermeiden, müsste vielmehr zumindest einmal jährlich eine "Deckungsprüfung" durchgeführt werden. Dabei ist der dem Arbeitnehmer tatsächlich ausbezahlte Betrag jener Summe gegenüberzustellen, die nach dem anwendbaren KV für die angefallene Arbeitszeit zu zahlen gewesen wäre. Dafür müssen das kollektivvertragliche Mindestgehalt, die Grundentlohnung für Mehrarbeit und Überstunden, entsprechende Zuschläge sowie allfällige weitere vom All-in erfasste Mehrleistungen (z. B. Rufbereitschaften) addiert werden. Ist diese Summe höher als der tatsächlich ausbezahlte Betrag, liegt eine strafbare Unterentlohnung vor.

Differenz rasch auszahlen

In diesem Fall ist die umgehende und unaufgeforderte Auszahlung der Summe zu empfehlen. Wird nämlich der gesamte Differenzbetrag noch vor Beginn behördlicher Ermittlungen nachweislich entrichtet, entfällt die Strafbarkeit. Angesichts der dreijährigen Verjährungsfrist sollte man dies zumindest für Zeiträume ab 1. 1. 2015 – d. h. ab Wirksamkeit der derzeit geltenden Unterentlohnungsdefinition – tun. (Christopher Peitsch, 5.12.2016)