Zu den Absurditäten im Wahlkampf rund um die Verfassungsreform von Italiens Premier Matteo Renzi gehört, dass diese Bilder im Fernsehen inzwischen Normalität sind: Politiker, die der Reform zuvor selbst zugestimmt haben, argumentieren dort allen Ernstes plötzlich inbrünstig dagegen. Italiens Abgeordnete haben sich in beiden Parlamentskammern eigentlich bereits für die Reform ausgesprochen, über die nun das Volk entscheidet.

Die Senatoren haben sich damit selbst entmachtet. Dass sie künftig nicht mehr jedes Gesetz parallel zum Abgeordnetenhaus verabschieden müssen, um so die Gesetzgebung zu vereinfachen, haben die, die Renzi nun stürzen sehen wollen, zuvor also als durchaus sinnvoll erachtet.

Die Bevölkerung zeigte sich in den Umfragen bis zuletzt unschlüssig, wie sie entscheiden soll. Der Großteil der Befragten stimmt zwar den einzelnen Punkten der Reform zu. Eine knappe Mehrheit denkt dennoch darüber nach, sie als Ganzes abzulehnen. Die Gegner wollen alles mögliche: Renzi schwächen, Rache an ihm üben, generellen Unmut ausdrücken, etwas radikal Neues. Gemein haben sie, dass es ihnen nicht um die Reform selbst geht. Emotionen aber eignen sich besonders schlecht als Basis für Entscheidungsfindungen, zumal für Beschlüsse von großer Tragweite. Und sie versperren völlig den Blick darauf, dass diese Reform das Potenzial hat, endlich die so blockadeanfällige Gesetzgebung Italiens zu reparieren. (Anna Giulia Fink, 2.12.2016)