Adrineh Simonian war früher Opernsängerin, heute produziert sie lieber alternative Pornografie. In ihre Altbauwohnung in der Wiener Innenstadt lädt sie mit ihrem Mann gerne Gäste zu opulenten Gelagen ein.

"Wir wohnen seit zwölf Jahren in dieser Wohnung. Mein Mann, der Opernsänger Wolfgang Koch, kommt aus Bayern, hat aber davor in Bern gewohnt. Am Anfang war gar nichts in der Wohnung, bei den Möbeln ist immer wieder etwas dazugekommen. Wir beide lieben alte Dinge.

"Man könnte diesen Lebensstil barock nennen, ich nenne ihn einfach altmodisch." Adrineh Simonian im Schlafzimmer ihrer Wohnung im ersten Bezirk.
Foto: Lisi Specht

Man könnte diesen Lebensstil barock nennen, ich nenne ihn einfach altmodisch. Ich mag's beim Wohnen alt und gemütlich. Ich mag Antiquitäten und altes Holz. Ich mag Möbel, die schon etwas erlebt haben. Sie geben unserer Wohnung eine eigene Aura. Die Wohnung ist für mich ein bisschen wie eine zweite Haut. Man macht die Tür zu und kann sich zurückziehen.

Unser Esstisch ist aber keine Antiquität, sondern ein italienischer Nachbau aus Kirsche. Er ist aus zwei Teilen, das ist unglaublich selten. Unser Geschirr ist dagegen wirklich alt, vietnamesisches Art déco von 1908. Das haben wir von einem Antiquitätenhändler aus Übelingen am Bodensee.

Fotos: Lisi Specht

Wir bewirten unsere Freunde gerne. Im Idealfall wird das ein Gelage mit einem wundervollen Essen. Wir sitzen stundenlang beieinander und kochen über sechs, sieben oder acht Stunden verschiedene Gänge. Zwischen den Gängen wird gequatscht, gelacht und geraucht. Wir nehmen uns Zeit.

Wir mischen gerne italienische und französische Küche. Da wird zum Beispiel eine Gänseleber gebraten, manchmal gibt's auch ganz bayerisch eine Lammstelze. Wir trinken gerne ein schönes Schlückchen. Wir lieben Calvados, alten Cognac von 1930 oder 1940, Coeur de Lion, Whiskeys und auch Brandys. Die normalen Schnäpse stehen im Wohnzimmer, die wichtigen hüten wir in einem französischen Art-déco-Barschrank aus den Dreißigerjahren.

Unser Bett nennen wir den Elefantensarg. Es ist auch keine Antiquität, sondern aus einem Möbelgeschäft in der Kolingasse. Das dahinter ist ein Sekretär. Ich liebe auch unsere Chesterfield-Möbel. Es gibt nur ein Ding, das mich stört: die sonnenförmige Lampe von Diego Rossi und Raffaele Tedesco. Aber mein Mann liebt sie so sehr, deshalb ist es okay.

Fotos: Lisi Specht

Im Vorzimmer haben wir einen Biedermeierspiegel, im Schlafzimmer einen neoklassizistischen. Wir haben sie matt und gefleckt gelassen. Ein paar Türen in unserer Altbauwohnung sind verzogen. Die Tür zum Schlafzimmer geht nicht mehr zu, außer man sperrt sie ab. Aber wir lassen das so. Die Außenfenster haben wir zwar neu gemacht, die Innenfenster sind aber noch uralt und gewellt. Für mich leben Gebäude.

Ich liebe zwar meinen Jugendstilschreibtisch aus Ahorn, aber ich arbeite trotzdem immer nur am Küchentisch. Der ist groß und stabil, genau richtig für unsere Küche. Die deutsche Firma Tischfabrik24 holt sich aus alten Industriegebäuden in Transsilvanien Holz und macht daraus Möbel. Auch die Küchenlampe ist aus dem Stahl eines Industriegebäudes.

Am Küchentisch schneide ich auch meine Filme auf dem Laptop. Was ich mache, hat mit Mainstream-Porno nichts zu tun. Der Ablauf ist ganz anders, im Mainstream haben Sie zwei Darsteller, die Stellungen abarbeiten. Bei meiner Reihe "Black Box" zum Beispiel stelle ich Kameras auf, gehe raus, und es ist dann niemand im Raum. Ich filme nicht in meiner eigenen Wohnung. Die "Black Box" drehe ich im dritten Gemeindebezirk in der Wohnung meines Bruders.

Aus dieser Wohnung will ich nie wieder raus, auch wenn sie eigentlich zu klein für uns ist. Wenn ich an meine Zeit als Sängerin denke, waren das 15 wunderbare Jahre. Aber ich will nicht mehr zurück. Ich habe seit Juli 2014 keinen Ton mehr gesungen, nicht einmal zu Hause. Es fehlt mir nicht." (5.12.2016)