Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat am Donnerstag 2420 Dokumente mit einem Umfang von über 90 Gigabyte veröffentlicht, die im Zusammenhang mit der Arbeit des deutschen NSA-Untersuchungsausschusses stehen sollen.

Die Daten stammen aus verschiedenen deutschen Bundesbehörden, wie dem deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) oder dem Verfassungsschutz. Dabei handle es sich durchgehend um Informationen, die der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages "im Rahmen von Anfragen der Ausschussmitglieder an die Dienste" bereits vergangenes Jahr erhalten habe. Die Dokumente liefern eine Skizze über die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und privaten Firmen. In einigen Dokumenten wird auch Österreich erwähnt.

Neben Auskünften seien auch schriftliche Korrespondenz zwischen dem Bundeskanzleramt, den Diensten und Ausschussmitgliedern sowie Hintergrundberichterstattung aus verschiedenen Medien enthalten, die offenbar teilweise als Anstoß für weitere Anfragen gedient hätten. Wikileaks listet 125 Dokumente des Bundesnachrichtendienstes (BND) auf sowie 33 Dokumente des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und 72 weitere des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf.

Geheimdienstliche Taktiken

Die Unterlagen böten nicht nur einen detaillierten Einblick in die Arbeit dieser Behörden, sondern auch in die "Taktiken der Nachrichtendienste im Rahmen der parlamentarischen Untersuchung", erklärte Wikileaks. So dokumentiere ein BND-Papier die Vorbereitungen für das Sammeln interner Informationen über private US-Firmen, die im deutschen Sicherheitssektor arbeiten.

Außerdem gäben die nun enthüllten Dokumente Einblick in die Vorgänge im Ausschuss selbst, hieß es weiter. Aus Teilantworten und Klauseln gehe hervor, "mit welchen Arbeitserschwernissen die beteiligten Abgeordneten konfrontiert sind". Die Antworten der Zuständigen im BND seien "oft ausweichend" gewesen.

Auf Grundlage der nun veröffentlichten Dokumente warf Wikileaks den deutschen Diensten vor, dass sie "an ihren eigenen Dienstherren vorbeiarbeiteten". So seien bei einem Audit-Besuch der bundesdeutschen Datenschutzbehörde beim BND dem Prüfer seitens des BND schriftliche Vermerke vorenthalten und erst freigegeben worden, nachdem sie durch den BND selbst geprüft worden seien.

Mit dem im März 2014 eingesetzten NSA-Untersuchungsausschuss hatte der Bundestag auf die Enthüllungen des früheren Geheimdienstmitarbeiters zu den massiven Spähprogrammen des US-Geheimdiensts NSA reagiert. Dabei soll geklärt werden, inwieweit Bürger und Politiker in Deutschland von der NSA und verbündeten Geheimdiensten ausspioniert wurden – und ob deutsche Regierungsstellen oder Geheimdienste von den Spähaktionen wussten und daran beteiligt waren.

XKeyscore

Der Leak dokumentiert auch, wie der US-Geheimdienst mit dem BND zusammenarbeitet. So geht unter anderem hervor, dass ein Mitarbeiter BND mindestens zwei Jahre lang zur Programmierung und Bewerkstelligung der Handhabung des Spionageprogramms XKeyscore abgeordnet war. Mit dieser Software erfasst und überwacht der US-Geheimdienst NSA in Echtzeit die elektronische Kommunikation beliebiger Zielpersonen weltweit. Bislang war nur bekannt, dass die NSA dieses Programm sowohl dem BND als auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt haben. Eine aktive Beteiligung von BND-Mitarbeitern an der Entwicklung dieser Software war bis zu den heutigen Wikileaks-Enthüllungen hingegen nicht bekannt. (red/APA, 1.12. 2016)