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Ein Bild von der noch offenen Balkanroute im September des Vorjahres.

Foto: AP Photo/Petr David Josek

Wien/Zagreb – Das Innenministerium will die Rückschiebungen nach Kroatien vorerst fortsetzen. Ein Spruch des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ändere nichts an der aktuellen Verwaltungs- und Abschiebepraxis, teilte Ministeriumssprecher Karl Heinz Grundböck am Mittwoch gegenüber den Ö1-"Journalen" mit.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Fall einer syrischen Familie festgestellt, dass die Einreise der Familie im Zuge des "Durchwinkens" während der Flüchtlingswelle 2015/2016 nicht illegal war. Eine Rückschiebung ins Erstaufnahmeland nach Dublin-III-Verordnung sei damit nicht möglich, so das Gericht. Nach Meinung von Verfassungsexperten könnte die Rückschiebung von Asylwerbern nach Kroatien damit generell erschwert werden.

2.000 Verfahren offen

Laut Innenministerium sind in Österreich derzeit rund 2.000 Abschiebeverfahren nach Kroatien offen. 300 Personen wurden 2016 bis Oktober wieder nach Kroatien zurückgeschickt. Laut Ministerium werde man an der aktuellen Abschiebepraxis vorerst festhalten. Bei Fällen illegaler Einreise sei dies ohnehin keine Frage, und im Falle einer Einreise durch staatlich organisierte Transporte müsste die einzelnen Fälle überprüft werden, hieß es gegenüber den Ö1-"Journalen". Seit März gebe es aber ohnehin keine offiziellen Transporte mehr durch die Balkanstaaten.

Kritik an der Flüchtlingspolitik der Regierung kam unterdessen von den Grünen. Menschenrechtssprecherin Alev Korun forderte einen "solidarischen Aufteilungsmechanismus" sowie eine Reform der Dublin-Verordnung.

Deutsche Innenminister wollen Abschiebungen forcieren

Auch in Deutschland wollen Bund und Länder die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber forcieren, streiten jedoch über die Umsetzung. "Ich glaube, dass wir dafür möglicherweise auch eine Gesetzesänderung brauchen", sagte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) am Mittwoch in Saarbrücken nach Abschluss der Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern.

NRW-Innenminister Ralf Jäger widersprach: "Wir müssen das Signal senden 'Wir machen das'", sagte der SPD-Politiker. "Mit den Möglichkeiten, die das Gesetz heute schon bietet, ist dies möglich." Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hatte kürzlich erklärt, sie rechne allein in diesem Jahr mit der Rückführung von 100.000 Menschen.

"Ich kann mir vorstellen, dass wir beim Bund eine zentrale Einrichtung für die Koordinierung der Rückführungen von Bund und Ländern errichten", sagte de Maiziere. Dort solle entschieden werden, wer wann mit welchem Flugzeug Deutschland verlassen müsse. Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass Rückführungen sowohl zwangsweise Abschiebungen als auch freiwillige Ausreisen umfassten. "Auf einen Abgeschobenen kommen ungefähr zwei freiwillig Ausreisende", sagte der Minister und betonte, im neuen Bundeshaushalt seien 40 Millionen Euro für finanzielle Anreize zum Verlassen Deutschlands vorgesehen.

Der hohe Zeitdruck bei den Asylverfahren in Deutschland führt nach Einschätzung von Flüchtlingsorganisationen zu Mängeln bei den Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Die Vorgabe des Bundesinnenministeriums, bis zum Wahljahr 2017 mehr als eine halbe Million anhängiger Asylanträge abzuarbeiten, habe zu einer "fehlerträchtigen Entscheidungshektik" geführt, kritisierte das Bündnis aus Anwalts- und Richtervereinigungen sowie Menschenrechtsorganisationen.

Oft mangle es an der Aufklärung der Fluchtgründe während der Anhörung, außerdem würden Anhörung und Entscheidung im Asylverfahren inzwischen flächendeckend getrennt. Zudem seien die Standards bei der Einstellung und Schulung von neuen Anhörern und Dolmetschern zu gering. (APA, 30.11.2016)