Wien – Die ORF-Stiftungsräte bekommen demnächst Post vom Verband der Österreichischen Privatsender (VÖP). Mit der Aufforderung, der geplanten ORF-Gebührenerhöhung nicht zuzustimmen. Sie müssen das nämlich nicht, sagt Ernst Swoboda, Vorsitzender der Privatsender und Kronehit-Chef.

Der Verein macht gerade Stimmung gegen mehr ORF-Gebühren. Auch mit einem Spot, der seit Dienstag in Privatsendern zu hören ist. "Stiftungsräte sollen die Interessen der Bevölkerung und der Gebührenzahler und nicht die Interessen der ORF-Geschäftsführung vertreten", sagt Swoboda. Der ORF brauche nicht mehr Gebühren, sondern müsse vor allem sparen. Die Privaten rechnen dem ORF auch gleich vor, wie er das am besten macht.

Potenzial sehen sie vor allem bei Rechten für Film- und US-Serien und auch beim Sport. "Es gibt keine Finanzlücke, die nur durch eine Erhöhung geschlossen werden kann", sagt Markus Breitenecker, Geschäftsführer von ProSiebenSat.1Puls4. Der ORF kaufe mehr kommerzielle US-Ware als andere öffentlich-rechtliche Sender in Europa und lasse Privaten hier keine Chance. Allein für Kauffilme würden mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr ins Ausland fließen.

Sparen soll der ORF auch im Sportbereich, etwa durch den Verzicht auf die Formel 1 oder die Champions League. Man wolle dem ORF nicht verbieten, Hollywoodproduktionen oder hochkarätigen Sport zu zeigen – aber mit Augenmaß, sagt Breitenecker. Damit würde sich sogar eine Gebührensenkung ausgehen.

Billige Information

Unterstützung für ihre Berechnungen holen sich die Privatsender wieder vom Unternehmensberater Alexander Zuser, der schon im Oktober für den VÖP zu dem Schluss kam, dass Österreichs Rundfunkgebühren die höchsten Europas seien. Der ORF wies diese Sicht damals so rundweg zurück – wie nun die Analysen der Privaten auf Basis von ORF-Daten.

Zusers Fazit jetzt: Die jährlichen Gehaltssteigerungen seien zu hoch angesetzt, Finanzerträge wiederum zu niedrig. Er analysierte auch die Kosten nach Programmkategorien – anhand der ORF-Jahresberichte. Sport komme demnach am teuersten, Information sei für den ORF mit Abstand am günstigsten und Kultur immer noch günstiger als Unterhaltung.

Zusers Schlussfolgerung: Würde sich der ORF weg von Sport und Unterhaltung mehr in Richtung Information und Kultur bewegen, könnte er nicht nur sparen, sondern auch seinen Public Value schärfen und so die Akzeptanz beim Publikum stärken. Vor allem die Jungen seien immer unzufriedener mit dem ORF-Programm, durch zu viel Unterhaltung sei es austauschbar geworden. Das würden sogar Umfragen des ORF so sehen.

"Anspruchsvolles Programm" im Hauptabend – wie im ORF-Gesetz vorgegeben – gebe es nur 36 Prozent, liest Breitenecker aus den ORF-Jahresberichten 2005 bis 2015. Und in den ORF-Radios sei die "Dosierung des Public Value, wie man sie in der Homöopathie gewohnt ist", sagt Swoboda.

VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm sieht vor allem die Politik gefordert. Sie müsse Rahmenbedingungen schaffen, Auftrag und Finanzierung des ORF zeitgemäß zu gestalten. (ae, 29.11.2016)