Man möchte ihr die Rolle gerne abnehmen. Und womöglich ist es auch gar kein Schauspiel: Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye präsentierte sich Dienstag einmal mehr als wohlmeinende, bescheidene Dienerin des Staates, die Opfer ihrer eigenen Naivität und falscher Freunde wurde. Womöglich hat sich Park im laufenden Skandal wirklich nicht selbst zu bereichern versucht. Womöglich hat sie wirklich nach bestem Gewissen gehandelt.

Doch all das ändert nichts am Urteil, dass sie für ihr Amt nicht länger geeignet ist. Wer sich als Staatschefin der elftgrößten Wirtschaftsmacht derart in persönliche Abhängigkeiten begibt, kann nicht unbefangen regieren. Und bei aller persönlichen Tragik um Parks Lebensgeschichte: Wer so schlecht zwischen echten und falschen Freunden unterscheiden kann, ist auch als Oberkommandierende der Armee an einem geopolitischen Pulverfass nicht tragbar.

Nicht berechtigt ist die Kritik an Park aber dann, wenn sie nun wirklich eine geordnete Übergabe ihrer Amtsgeschäfte ermöglichen will. Jene, die ihr jetzt ein Spiel auf Zeit unterstellen, mögen ihre Motive richtig einschätzen. Doch das ändert nichts daran, dass ihr Argument stimmt: Eine plötzliche Absetzung am Freitag würde an der Spitze des Staates de facto ein Vakuum entstehen lassen – in einer außenpolitischen Situation, in der Südkorea sich das schwer leisten kann. Meint Park es mit dem baldigen Rücktritt ernst, sollte das Parlament ihr Angebot annehmen. (Manuel Escher, 29.11.2016)