Athen – EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat Griechenland Hoffnungen auf rasche Schuldenerleichterungen gemacht und geht damit auf Konfrontationskurs zum deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Angesichts der Reformfortschritte des krisengeplagten Landes seien die Voraussetzungen gegeben, um schon beim nächsten Treffen der Eurogruppe am 5. Dezember über Entlastungen zu sprechen.

Das sagte der Franzose der griechischen Sonntagszeitung "Ethnos". Der Chef des Eurorettungsfonds ESM, Klaus Regling, äußerte sich im STANDARD-Interview dagegen ähnlich wie zuletzt Schäuble: Griechenlands Problem seien wegen der gewährten Pausen bei Zins- und Tilgungszahlungen momentan nicht die Schulden. Regling schloss aus, dass weitere Verbindlichkeiten gestrichen würden.

IWF fordert Erleichterung

Die Finanzminister der Eurozone hatten sich im Mai darauf verständigt, erst einmal den Fortgang des laufenden dritten Hilfsprogramms abzuwarten und erst 2018 zu entscheiden, ob man Griechenland bei der Bewältigung seiner Schuldenlast von über 300 Milliarden Euro erneut helfen muss. Darauf verweist Schäuble immer wieder. Inzwischen werden aber die Stimmen lauter, schon jetzt mit Griechenland über Schuldenerleichterungen zu sprechen. Solche Forderungen kommen vor allem aus Athen selbst und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) aus Washington.

Für den IWF ist die Hellas-Schuldenlast nicht mehr tragfähig – eine Entlastung entsprechend geboten. Andernfalls könne sich der IWF nicht am laufenden Hilfsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro beteiligen. Das war aber in Deutschland die Voraussetzung für das Ja des Bundestages, weitere Milliarden zur Verfügung zu stellen, um das rezessionsgeplagte Land und die von faulen Krediten belasteten Banken zu stabilisieren.

Laut ESM-Chef Regling fordert der IWF gar keinen Schuldenschnitt: "Das stimmt nicht", sagte der Deutsche zum STANDARD. Der Streit zwischen dem Fonds und den Europäern beziehe sich vielmehr auf den Zeitpunkt, an dem man über etwaige Entlastungen sprechen und entscheiden wolle. Eine "Schuldenreduktion" komme aber nicht infrage, so Regling.

Reformen gefordert

Die Geldgeber fordern von Griechenland umfangreiche Reformen, um die Wirtschaft wettbewerbsfähiger und die Staatsfinanzen nachhaltiger zu machen. Moscovici bescheinigte Griechenland dabei, Fortschritte zu machen. Ein erfolgreicher Abschluss der zweiten Prüfphase im Rahmen des aktuellen Hilfsprogramms sei machbar. Laut griechischer Regierung sollen noch bestehende Differenzen mit den Gläubigern in den nächsten Tagen beigelegt werden.

Wird Athen bei der nächsten Sitzung der Eurofinanzminister bescheinigt, die Reformzusagen einzuhalten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass griechische Staatsanleihen bald in das Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgenommen werden. Einen Zeitplan dafür gebe es aber nicht, sagte EZB-Ratsmitglied Benoît Cœuré der griechischen Zeitung "Efimerida Ton Syntakton". Ein weiteres Hilfsprogramm für das Land werde von niemandem in Betracht gezogen. (APA, Reuters 28.11.2016)