Frankreichs Präsidentschaftswahl im Frühling 2017 wird aus jetziger Sicht zwischen den Konservativen und dem Front National von Marine Le Pen entschieden. Denn die Sozialisten kämpfen derzeit mit maximaler Zerrissenheit, ausgelöst durch die historisch schlechten Umfragewerte ihres Präsidenten François Hollande, dessen mögliches neuerliches Antreten für seine Partei ein Horrorszenario wäre.

Zumindest der Kandidat der Konservativen steht mit François Fillon nun fest. Die Vorwahlen der Konservativen liefen vor allem unter einer Prämisse: Welcher der Kandidaten hat die besten Chancen gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Ob die Chancen Fillons tatsächlich viel besser sind, als es die seines parteiinternen Hauptrivalen Alain Juppé gewesen wären, darüber darf diskutiert werden. Klar ist, dass die Präsidentschaft nicht ohne Stimmen aus dem linken Lager gewonnen werden kann. Juppé hätte vermutlich eine größere Bandbreite an Wählern angesprochen. Mit Fillon könnten sich viele Wählerinnen und Wähler links der rechten Mitte schwer tun. Sie werden sich entscheiden müssen, ob sie sich in einer Stichwahl zwischen Fillon und Le Pen dazu durchringen können, mit einer Stimme für Fillon eine Stimme gegen Le Pen abzugeben.

Also eine Wahl zwischen rechts und rechter? Fillon steht, neben einer wertkonservativen Weltsicht, für eine Liberalisierung der Wirtschaftspolitik. Er will im öffentlichen Dienst kürzen und längere Wochenarbeitszeiten, um Frankreich wirtschaftlich wieder fit zu machen. Gleichzeitig postuliert er – etwas verwaschen – die Verteidigung der "französischen Werte". In der Außenpolitik will Fillon die Beziehungen zu Russland stärken. Putin bezeichnete ihn bereits in den Vorwahlen als "aufrichtigen Mann".

Vor allem Fillons wirtschaftsliberale Ausrichtung und seine Ankündigung vom Rückbau des Sozialstaats klingen nach einer guten Botschaft für den Wahlkampf Le Pens, die eine Wirtschaftspolitik der "nationalen Ökonomie" vertritt. Ein Konzept, das in Teilen durchaus auch Anleihen von links nimmt, zumindest aber als antikapitalistisch bezeichnet werden kann.

Le Pen also doch auf dem Vormarsch? Nicht unbedingt. Denn der größte Vorteil Fillons ist, dass er seine Positionen mit moderatem Antlitz vertritt. Gerade seine Zurückhaltung, die anderen Politikern als Schwäche ausgelegt wird, könnte diesmal den Unterschied ausmachen. Fillon gilt als ehrlicher, arbeitsamer Mann mit sozialem Gewissen, als authentischer Politiker ohne Starallüren. Alles Eigenschaften, die als Alleinstellungsmerkmal auf die Masse der Wähler umgelegt mittlerweile oft wichtiger sind als das inhaltliche Konzept. Zumal die Franzosen nach dem lauten und hyperaktiven "président bling-bling" Nicolas Sarkozy und einem skandalgeschüttelten und unbeliebten François Hollande wohl gern wieder einen "normalen" Präsidenten hätten. (Manuela Honsig-Erlenburg, 28.11.2016)