Warum distanziert sich Norbert Hofer eigentlich immer von den Hass-und Verleumdungspostings seiner Anhänger und behauptet, damit rein gar nichts zu tun haben zu wollen, wenn doch seine eigenen Parteifreunde ihm ständig in den Rücken fallen, indem sie Political Correctness seit Jahren als den Inbegriff alles Bösen und die Sprache Trumps seit Wochen als den idealen Ausdruck der Wahrheit bezeichnen? Diese Woche tat es wieder einmal der ewige Chefideologe der Freiheitlichen, Andreas Mölzer, in "Zur Zeit" unter der Rubrik Neu denken. Abgesehen von der milden Idiotie, mit der dabei Donald Trumps Sieg als angeblicher Triumph über ein Establishment gefeiert wird, dem er selber prominent, wenn auch nicht besonders geschätzt angehört, leidet Mölzer an dem Zwang, das tausendmal Wiedergekaute steigern zu müssen, um bei Gleichgesinnten noch Abscheu zu erwecken.

Galt dafür früher als ausreichend, vom politischen Establishment oder von der etablierten politischen Klasse zu sprechen, geht es so einfach nicht mehr ab. Da muss schon tiefer in die Lade gegriffen und etwa gesagt werden, der Wahlsieg stelle einen gewaltigen Schuss vor den Bug des politischen Establishments der etablierten politischen Klasse dar. Dass besagter Schuss vor den Bug auch ein Menetekel für die politische Klasse ist, den diese aber menetekel-unüblich locker überleben wird, nur nebenbei. Erster Grund für Trumps Triumph war laut Mölzer: Er ist die personifizierte Anti-These zur Political Correctness. Vielleicht waren es auch nur manipulierte Wahlmaschinen in drei Bundesstaaten, aber wir wollen hier nicht übertrieben politisch korrekt sein.

Mölzers Wahn

Denn was ändert das schon an Mölzers Wahn. Die Political Correctness ist längst zum grundlegenden Verhaltenskodex der etablierten Machteliten geworden. Man könnte auch sagen, der etablierten Machteliten des politischen Establishments der etablierten politischen Klassen, um das Ganze ein wenig überzeugender zu machen. Längst sind es nicht mehr die christlichen zehn Gebote oder die gesatzte Verfassung des jeweiligen Staates, darauf geben die politischen Klassen des elitären Establishments schon lange keinen Pfifferling. Und schon gar nicht auf das Strafgesetzbuch oder gar traditionell überkommene Ehrbegriffe. Sie schwören auf Political Correctness, also das Prinzip, dass sich Heuchelei und verbales Wohlverhalten an strenge semantische und semiotische Regeln halten. Wie es eigentlich bei jeder Rede auch außerhalb der etablierten Machteliten des politischen Establishments der Fall sein muss, soll Verständigung gelingen.

Die erste und schwerste Todsünde gegen den Geist der Political Correctness ist Rassismus, die zweite Sexismus, die dritte Nationalismus. Von einem solchen Sündenregister fühlt sich ein Freiheitlicher bedrängt, als wär's ein Menetekel. Er will einfach die Sau rauslassen wie Triumphator Trump, was zwar auch die christlichen zehn Gebote nicht nahelegen, aber traditionell überkommene Ehrbegriffe, wie sie in schlagenden Verbindungen gelten mögen, geradezu verlangen. Bereits am 4. Dezember wird man in Österreich diesbezüglich ja die Nagelprobe machen können.

Deutungshoheit

Und der Freiheitliche wird nicht allein gelassen. In der Rubrik Gesellschaft des Blattes wird der Frage nachgegangen: Die politische Korrektheit – ein Auslaufmodell? Über das Scheitern einer zwangsverordneten geistigen Diktatur. Unter diesem Titel wird von einer Veranstaltung mit dem Titel "Politische Korrektheit und Deutungshoheit" in der Wiener Diplomatischen Akademie berichtet. Es galt, eine große Gefahr abzuwenden: Politische Korrektheit könne dazu dienen, die Deutungshoheit einiger weniger zu zementieren, die dann den politischen Diskurs dominieren.

Ein krasses Beispiel: Da werden die Beamten verpflichtet, wo immer möglich, beide Geschlechter sprachlich zu erwähnen. Wo soll das noch hinführen! Ein Vortragender behandelt Kuriosa wie "Mitgliederinnen" oder auch "Gästin". Dies alles zum Gaudium des Publikums. Wie lustig!

Nur einer hält sich abseits – Moderator Helmuth Brandstätter. Der "Kurier"-Chef, wie stets recht abgehoben und belehrend, schwingt sich zum Verteidiger der pc auf. Mehr hat er nicht gebraucht. Er bleibt damit allein auf weiter Flur. Aber er gehört ja auch zu den etablierten Machteliten des politischen Establishments der etablierten politischen Klasse.

Wenigstens mathematisch korrekt war Mittwoch "Heute". Dortmund fertigte daheim Legia Warschau mit 8:4 ab – elf Tore in einem Spiel gab es noch nie! (Günter Traxler, 27.11.2016)