Ob aus Leder, Stoff oder Holz, ob groß, klein oder kunterbunt – die Geldbörse bleibt eine ständige und beliebte Begleiterin.

Fotos: iStock, Dominik Pototschnig

Seit Jahren trommeln Banken, Mobilfunkbetreiber und Smartphonehersteller, dass Bargeld gestern gewesen sei und morgen nur noch mit Cybergeld bezahlt werde. Systeme dafür gibt es heute schon viele, sie werden immer kleiner und einfacher in der Anwendung. Mikrochip in Arm- oder Hundehalsband, Turnschuh, Tschickpackerl, Ohrring oder was der moderne Mensch sonst so an und bei sich hat an die Bankomatkasse halten, fertig.

Doch welch ein Paradoxon: Fast spurlos geht dieser Trend an einem Produkt vorbei, das seit Jahrhunderten treuer Begleiter beim Einkaufen ist: dem Geldbörsel. Das gibt es nach wie vor in Hülle und Fülle, vielen Größen, Formaten, diversen Materialien (vom Fahrradschlauch bis zum Rochenleder), uni, bunt, gemustert, als Taschentresor mit Zahlenschloss bis hin zur Slim Wallet, die Plastikkarten bündelt.

"Das Bargeld werden wir wohl noch länger sehen", ist der Wiener Lederwarenerzeuger Robert Horn überzeugt und macht sich daher auch angesichts anhaltender Nachfrage um die Zukunft der heute viel verwendeten Geldbörsen mit Münz-, Schein- und Kartenfach keine Sorgen. Doch sollte das bargeldlose Zahlen sich schneller den Weg bahnen, ist das auch kein Problem für ihn: "Dann entwerfe ich halt schöne kleine Etuis, um die Mittel zum bargeldlosen Bezahlen zu verstauen."

Änderungen habe es bei der Aufbewahrung von Zahlungsmitteln zudem immer gegeben, blickt Horn zurück. So sei etwa die einst für ungefaltete Geldscheine gedachte Brieftasche aus der Mode gekommen. Sie wurde abgelöst von aufklappbaren Dollarvisits, quer- und hochformatig, mit Einschüben für den (in Österreich noch bis 2032 gültigen) Papierführerschein.

Beutelschneider und Geldkatze

Was ihm materiell wertvoll erscheint, hat der Mensch die Zeiten hindurch gerne so bei sich getragen, dass es ihm möglichst nicht abhandenkommt. In der Ledertasche des Steinzeitjägers Ötzi befanden sich etwa überlebenswichtige Klingenkratzer, Bohrer und Klingenstücke. Noch näher am Leibe, ja gar inwendig, sollen verschiedene Stämme der Tataren oder in Indien ihre Preziosen in Gestalt kleiner Edelmetallmünzen im Mund transportiert haben.

Auch die Fischmarktweiber im alten Athen sollen ihre Obolus und Tetartemorione unter der Zunge getragen haben. Berichten zufolge sollen sie bei der Einführung größerer, bronzener Scheidemünzen lebhaft protestiert haben – da mit dem dadurch volleren Mund das Tratschen doch erheblich beschwerlicher wurde.

Am längsten gehalten hat sich wohl die Beutelform, um Münzen griffbereit bei sich zu haben. Das kreisrunde, ursprünglich aus Leder gefertigte Stück, entstand schon vor mehr als 2000 Jahren. Es wurde besonders von der Antike bis ins Mittelalter genutzt, da die Kleidung damals keine Taschen in unserem heutigen Sinn aufwies.

Fotos: iStock, Dominik Pototschnig

Der Beutel wurde meist am Gürtel getragen – zur Freude der "Beutelschneider", einer seinerzeit gängigen Bezeichnung für Diebe. Erschwert wurde deren Handwerk durch die Erfindung der sogenannten Geldkatze. Die schlauchartigen Hüllen, zunächst aus Tierbalg herstellt, wurden später wie ein Gürtel unter der Kleidung getragen. Sie hielten sich bis Anfang des 19. Jahrhunderts.

Im Rokoko erfreuten gehäkelte und bestickte Börsen die Damenwelt. Ab dem 18. Jahrhundert kamen verspielte Geldtäschchen in Mode, aus edlen Materialien wie Brokat, Elfenbein, Schildpatt und sogar aus Silber gefertigt. Manche dieser Portemonnaies dürften laut "Geldgeschichte.com" wertvoller als ihr Inhalt gewesen sein.

Zurück in die Gegenwart. Geldbörsen sind nach wie vor dem Zeitstil und der Mode unterworfen, sagt Georg Picard, Chef des gleichnamigen deutschen Lederwarenspezialisten. Besonders bei Frauen seien sie noch immer auch ein beliebtes Accessoire. Zunehmend komme Farbe ins Spiel, Lila, Pink, Gelb, Smaragd – das passende Portemonnaie zum Schuh. Renner seien nach wie vor Langbörsen, "mit viel Platz und viel Fächern, die suggerieren, dass, wenn man wollte, Ordnung halten könnte."

Smartphonemonnaie

Das Unternehmen mit Sitz in Obertshausen hat aber sehr wohl ein wachsames Auge auf die zunehmende Verbreitung von Elektrogeld. In Regionen wie Hongkong, wo die Marke auch tätig ist, wäre der Gebrauch kontaktloser Universalkarten, die Kredit-, Debit-, Kunden- oder Ausweiskarte in einem sind, schon recht verbreitet. Bis das nach Deutschland oder Österreich komme, dauere es wohl noch – nicht zuletzt der Sicherheitsvorbehalte wegen.

Doch könnte das letztlich schon dazu führen, dass herkömmliche Börsen mit unendlich vielen Kartensteckmöglichkeiten ein Ablaufdatum hätten. Ein wachsendes Potenzial sieht Picard- zumindest bei der weiblichen Klientel – bei Hybridmodellen, die gleichzeitig Portemonnaie und Tasche für das Smartphone sind.

Eine gute Zukunft bei den männlichen Börselbesitzern bescheinigt Picard Slim Wallets, Kartenetuis, in die auch der eine oder andere Geldschein passt. (Karin Tzschentke, Portfolio, 2016)