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Junge Deutsche greifen zu Aktien als Vorsorge.

Foto: Reuters / Fabrizio Bensch

Die Deutschen sind Aktienmuffel. Im Durchschnitt sind sie wohlhabender als viele andere Europäer, aber an die Börsen wagen sich die wenigsten. Auf rund 13 Billionen Euro beläuft sich das Geld-, Immobilien- und Gebrauchsvermögen der privaten Haushalte, davon entfallen laut Deutschem Bankenverband rund sieben Billionen Euro auf Immobilien und Grundstücke, fünf Billionen Euro auf Geldvermögen und eine Billion Euro auf Gebrauchsvermögen wie Pkws, Möbel, Computer, Fernseher, Schmuck. Doch trotz der Niedrigzinsen liegt ein Drittel des Vermögens auf Sparbüchern und Termingeldkonten.

2015 allerdings konnte das Deutsche Aktieninstitut (DAI) bei Betrachtung der jährlichen Aktionärszahlen eine Trendwende vermerken. Etwas mehr als neun Millionen Menschen hielten ein Aktieninvestment, das entspricht einem Anteil von 14 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre. Im Jahr zuvor waren es nur 13,1 Prozent beziehungsweise 8,4 Millionen Anleger gewesen.

"Der negative Trend der vergangenen Jahre ist damit gebrochen", sagt Studienautor Gerrit Fey. Besonders bemerkenswert: "Die Zahl der Aktienbesitzer unter 40 Jahren hat um insgesamt 170.000 und damit zehn Prozent zugelegt." Es setzte sich offenbar immer stärker die Erkenntnis durch, dass im umlagefinanzierten Pensionssystem im Alter recht wenig Geld übrig bleibe.

Kein gutes Jahr

Auch Marco Bargel, Chefvolkswirt der Deutschen Postbank, sieht in der Aktie als langfristiger Anlagemöglichkeiten nach wie vor großes Potenzial, wenngleich er mit Blick bloß auf das Jahr 2016 erklärt: "Für Anleger von deutschen Aktien war es ein verlorenes Jahr." Es begann schon nicht gut, sondern im Gegenteil beim Dax am ersten Handelstag mit einem Minus von 4,3 Prozent.

Das war – aufgrund der Kurseinbrüche an Asiens Börsen und der schlechten Daten zur chinesischen Industrie – der schlechteste Jahresstart des Leitindex, in dem die größten 30 Unternehmen Deutschlands gelistet sind, seit 25 Jahren.

Bei 10.283 Punkten lag der Dax im Jänner, danach ging es auf und ab, Mitte November waren es rund 10.600 Punkte. Durchtauchen hieß die Devise. Doch auf längere Sicht kann man getrost zum Kauf deutscher Aktien raten, sagt Bargel: "Deutschland erwartet weiterhin gute Konjunkturdaten, auch das globale Umfeld dürfte sich im Jahr 2017 verbessern. Und die Unternehmen sind gut aufgestellt, sodass 2017 bei den Gewinnen kräftige Zuwächse möglich sind."

Wieder mehr Zuversicht

Zuletzt sorgte auch der ifo-Geschäftsklimaindex für gute Laune. Die deutschen Firmenchefs sind so optimistisch wie seit April 2014 nicht mehr. "Der Aufschwung in Deutschland gewinnt an Fahrt", sagt ifo-Chef Clemens Fuest.

Allerdings haben die führenden Ökonomen Deutschlands der Regierung recht deutlich eine Mahnung zu Reformen ins Stammbuch beziehungsweise ihr Jahresgutachten geschrieben. "Die Bundesregierung hat die gute ökonomische Entwicklung der vergangenen Jahre nicht ausreichend für marktorientierte Reformen genutzt", heißt es darin unmissverständlich.

Und weiter: "Einige Maßnahmen wie die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns und das Rentenpaket könnten die Wirtschaftsentwicklung sogar schwächen." Künftig müsse deshalb stärker an der "Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit" gearbeitet werden. Dazu machen die Wirtschaftsweisen auch konkrete Vorschläge. "Unausweichlich" finden sie ein höheres Pensionsalter, um die gesetzliche Pensionsversicherung überhaupt zu erhalten. Und sie fordern von der Regierung den Abbau der kalten Progression. Spielräume sollten zum Abbau der Schuldenquote und zu Steuerreformen genutzt werden. (Birgit Baumann, Portfolio, 2016)