Vorsicht bei Staatsanleihen ist 2017 allemal geboten.

Foto: Lukas Friesenbichler

Bis in den Sommer folgten die Märkte für Staatsanleihen altbekannten Mustern. Die Renditen sanken immer tiefer, was gleichbedeutend ist mit immer höheren Kursnotierungen. Sprich, Zinsen gab es für Investoren zwar immer weniger einzustreifen – was aber durch üppige Kursgewinne der Schuldpapiere kompensiert wurde.

So kam es, dass Anfang Juli Käufer zehnjähriger deutscher Bundesanleihen mit einem Zins von fast minus 0,2 Prozent entlohnt wurden. Sprich, im übertragenen Sinn müssen die Gläubiger zehn Jahre lang Geld an den Schuldner überweisen. Kuriositäten dieser Art wurden durch die Geldpolitik der EZB ermöglicht, mehr noch, dank deren billionenschweren Anleihenkaufprogramms auch tatkräftig unterstützt.

Doch nach dem warmen Geldregen für die Anleihenmärkte droht ein Wetterumsturz – wenngleich einer mit Ansage: EZB-Chef Mario Draghi schreckte im Oktober die Rentenmärkte mit der Aussage auf, die Geldpolitik seines Hauses könne nicht ewig so weitergeführt werden.

Unterlegt man diese Worte mit der Entwicklung der Inflation, die im Oktober in der Eurozone ein Zweijahreshoch erklommen hat, so drängt sich folgender Schluss geradezu auf: Das Ausdünnen der bisher bis März 2017 angesetzten Anleihenkäufe von monatlich 80 Milliarden Euro rückt näher. Hinweise darauf, ob es tatsächlich so kommt, darf man von Draghi anlässlich der Zinsentscheidung Mitte Dezember erwarten. Obwohl die Mehrzahl der Marktteilnehmer zwar von einer Fortführung der Käufe ausgeht, hat sich die zehnjährige, deutsche Rendite wieder einige Zehntel Prozentpunkte über null eingependelt.

Inflation anfachen

Wer nun begehrlich über den großen Teich schielt, um trotz Wechselkursrisikos sich mit zehnjährigen US-Staatsanleihen Renditen von mehr als zwei Prozent zu sichern, dem sei ein Name mahnend ins Ohr gelegt: Donald Trump. Die angekündigte Wirtschaftspolitik des designierten US-Präsidenten droht nämlich die Inflation, natürlicher Feind aller Anleihenmärkte, kräftig anzufachen. Trump will mit Steuersenkungen der Konjunktur auf die Sprünge helfen, was auch auf das allgemeine Preisniveau durchschlagen würde. Die Fed könne dadurch gezwungen sein, die Zinsen schneller und stärker nach oben zu führen.

In Ermangelung anderer Pläne zur Gegenfinanzierung der Steuererleichterungen bleibt als logische Folge ein Anstieg der Staatsverschuldung. Das führt zu einem größeren Angebot an US-Schuldpapieren, das eine entsprechende Nachfrage über höhere Verzinsung anlocken müsste. Ein bisschen wurde diese Entwicklung unmittelbar nach Trumps Wahl vorweggenommen, als die Renditen einen kleinen Satz nach oben machten.

Zugegeben, Abgesänge auf Anleihen waren in den vergangenen Jahren wiederholt zu vernehmen – ohne dass sich die Kassandarufe bewahrheitet hätten. Allerdings stehen zumindest auf der amerikanischen Seite des Atlantiks die Zeichen eindeutig auf geldpolitischer Straffung. Vorsicht bei Staatsanleihen ist 2017 allemal geboten. (Alexander Hahn, Portfolio, 2016)