Eine Fotografie wie ein Gemälde: "Die Wiese" (1898), Gummidruck von Heinrich Kühn.

Foto: Museum Folkwang Essen

Innsbruck – Die Impression einer Waldlichtung in sattem Grün, eine nachtschwarze Stadtansicht, deren Konturen von mattschimmernden Schneeflecken durchzogen sind: Werke Heinrich Kühns, Pionier der Kunstfotografie, sind in der Ausstellung Die Metamorphosen der Photographie im Fokus zu sehen. Kühn (1866–1944), in Dresden geboren, zieht 22-jährig nach Innsbruck, um Medizin zu studieren. Er verschreibt sich ganz der Fotografie, will diese aus ihrer rein dokumentarischen Funktion lösen und zur Kunstform erheben.

Kühn wird zu einem der wichtigsten Vertreter des Piktorialismus. Seine Fotografien beeindrucken die Münchner und Wiener Sezessionisten. 1906 gelang ihm in New York der Durchbruch.

In langwierigen Sitzungen arrangiert Kühn seine Modelle, akribisch legt er den Bildausschnitt fest. Neben seiner Frau Emma und dem Kindermädchen stehen auch seine vier Kinder oft vor der Kamera. Unermüdlich forscht Kühn auch nach neuen Techniken und experimentiert mit Druckverfahren.

Er perfektioniert den Gummidruck. Dabei wird robustes Papier mit einer lichtempfindlichen Gummiemulsion beschichtet, der Farbpigmente beigemengt worden sind. Darauf wird das Schwarzweißnegativ gelegt und dem Sonnenlicht ausgesetzt. Es entsteht ein monochromes, gewollt diffuses, leicht verschwommenes Unikat.

Herzstück der Innsbrucker Ausstellung, die neben Leihgaben des Photoinstituts Bonartes vorwiegend auf Bestände des Museums Folkwang in Essen zurückgriff, ist ein großformatiger Negativprint von Emma Kühn – sowie auch der Originalschrank des Fotografen. In diesem Kasten, gefertigt von der Wiener Werkstätte, lagern bis heute papierene Schätze, grobkörnige Kartons und Büttenpapier ebenso wie feinste Japanische Faser. (Dorothea Nikolussi-Salzer, 24.11.2016)