Titelseite einer chinesischen Zeitung mit Donald Trump

APA/AFP/GREG BAKER

Sein vehementer Widerstand gegen Freihandel hat Donald Trump zum Wahlsieg verholfen. Daher kommt es nicht unerwartet, dass der gewählte US-Präsident in seiner ersten programmatischen Erklärung seit seiner Wahl – typischerweise über Youtube – bei seiner harten protektionistischen Haltung bleibt.

Dennoch ist Trumps Ankündigung, das transpazifische Abkommen TPP sofort nach seiner Angelobung aufzukündigen, in seiner Deutlichkeit überraschend. Denn andere Wahlversprechen wie den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Massendeportation illegaler Einwanderer oder die Abschaffung von "Obamacare" erwähnte Trump nicht. Dort lässt er sich offenbar noch Spielraum.

Bilaterale Abkommen und Zollschranken

Nicht aber beim multilateralen Freihandel, den die USA seit 1945 konsequent verfolgen. Den will Trump mit bilateralen Abkommen ersetzen, deren einziges Ziel ist, Jobs in die USA zu bringen. Wie das funktionieren soll, weiß niemand, denn wenn in den USA die Zollschranken hochgehen, wird das auch anderswo geschehen. Und eine solche merkantilistische Politik wird auch genau jene weißen Arbeiter treffen, die Trump mit so viel Begeisterung gewählt haben. Außerdem werden sie mehr für viele Verbrauchsgüter bezahlen müssen.

Freuen kann sich über Trumps Ankündigung vor allem China. Zwar hat Trump im Wahlkampf angekündigt, China als "Währungsmanipulator" anzuprangern, weil es den Yuan künstlich niedrig halte, und Strafzölle von bis zu 45 Prozent gegen chinesische Produkte zu verhängen. Aber das wird um vieles schwieriger durchzusetzen sein, als das noch nicht ratifizierte TPP sterben zu lassen.

China wird zum Vorkämpfer für Integration

Und bei TPP ist China nicht dabei; das Abkommen scheint vielen sogar gegen die Führung in Peking und deren oft illiberale Handelspolitik gerichtet. Nun ist China dieses Problem los, kann sich als Vorkämpfer für wirtschaftliche Integration in Ostasien präsentieren und die von den USA enttäuschten Verbündeten stärker an sich binden – aber nach den eigenen Regeln. Im philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte hat Peking schon einen neuen Freund.

Vielleicht wittern auch manche in Europa Morgenluft und sehen bei einem Rückzug der USA neue Chancen im asiatischen Raum. Aber wenn weltweit der Handel und die Globalisierung den Rückwärtsgang einlegen und die Wirtschaft langsamer wächst, dann werden auch die Europäer darunter leiden.

Die WTO kommt nicht vom Fleck

TPP ist sicher kein perfektes Abkommen, aber eines, das auf viele der kritischen Bedenken eingeht und multinationalen Konzernen keinen Freibrief gibt. Gemeinsam mit dem transatlantischen Abkommen TTIP hätte es die für den Welthandel notwendigen Normen weiterentwickelt – auch anstelle der Welthandelsorganisation WTO, die seit Jahren nicht mehr vom Fleck kommt.

Protektionisten von links und rechts haben dieses große Unterfangen der Obama-Regierung besiegt. Sie schaffen dadurch Platz für nationalistische, merkantilistische Kräfte, die Handel als Kampf um kurzfristige Vorteile sehen und damit gegen das Grundprinzip der heutigen Weltwirtschaft – dass alle Seiten von Austausch und Zusammenarbeit profitieren – verstoßen.

Für eine solche Politik und eine solche Welt ist China mit seiner autoritären Führung besser aufgestellt als die demokratischen USA. Vielleicht nicht er selbst, aber spätestens seine Nachfolger werden Trumps Abkehr von TPP noch bedauern. (Eric Frey, 22.11.2016)