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Der durch das Erdbeben ausgelöste Tsunami sorgte dafür, dass das Wasser des Sunaoshi-Flusses in der Stadt Tagajo zurückgedrängt wurde, wie von der japanischen Polizei veröffentlichte Bilder zeigen.

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Im japanischen Fernsehsender NHK wurden Zuseher gebeten, sich in höhergelegene Gebiete zu begeben.

Foto: Screenshot NHK

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Viele folgten dem Aufruf.

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Um 5.59 Uhr rüttelte ein mächtiges Erdbeben die Menschen im Nordosten von Japan unsanft aus dem Schlaf. "Als ob sich der Boden in Wasser verwandelt hätte und mein Haus schwimmen würde", beschrieb ein Anwohner die Schwankungen des Untergrundes. Dann heulten die Sirenen.

Der Fernsehsender NHK unterbrach sein Programm. "Fliehen Sie von der Küste", forderte der Sprecher die Bewohner von Fukushima auf. Die Szenen waren für viele Japaner ein Déjà-vu-Erlebnis und brachten die Erinnerungen an den Tsunami und die Atomkatastrophe vom 11. März 2011 zurück. Auch damals lag das Epizentrum des Bebens im Meer. Auch damals wurde vor einem bis zu drei Meter hohen Tsunami gewarnt. "Ich spürte die gleiche Angst in den Knochen", berichtete ein Pensionist im Fernsehen.

Vierzehn Verletzte

Anders als vor fünfeinhalb Jahren kamen die Japaner diesmal mit dem Schrecken davon. Denn das Beben von Dienstag war mit einer Stärke von 7,4 deutlich schwächer als das von 2011 mit 9,0. Während damals 18.500 Menschen starben, wurden diesmal lediglich vierzehn Menschen leicht verletzt. Sie stolperten bei den Erdstößen oder wurden von herabfallendem Geschirr und anderen Sachen getroffen.

Die Auswirkungen des Tsunamis im Fluss Sunaoshi.
Hiro hikana

Die Evakuierungen klappten reibungslos. Jeder Bewohner erhielt eine Warnung auf sein Handy. Damals hatte man sich auf Lautsprecher verlassen und die Feuerwehr mit Megafonen losgeschickt. Viele Anwohner fuhren mit Autos ins Landesinnere. Fischer steuerten ihre Boote aufs offene Meer. Niemand blieb als Schaulustiger zurück. Dies hatte damals einige Menschen das Leben gekostet.

Auch das Arbeitsleben wurde kaum beeinträchtigt. In einem Forschungszentrum der Chemiefirma Kureha brach ein Feuer aus, das schnell gelöscht werden konnte. In Geschäften und Supermärkten fielen Regale um. Dennoch wurden sie bald geöffnet. In einer Nissan-Fabrik stoppte man die Fertigung von Motoren nur vorübergehend. Es gab keine Überflutungen.

In der Stadt Tagajo drängte der Tsunami das Wasser des Sunaoshi-Flusses zurück. Die TV-Sender brachten mit den Luftaufnahmen dieses Schauspiels ihre Zuschauer zum Gruseln. Die höchste Welle wurde im Hafen der Metropole Sendai mit 1,40 Metern gemessen.

Misstrauen gegen Tepco

Das AKW Fukushima Daiichi erreichte ein ein Meter hoher Tsunami. Vor fünf Jahren waren die Wellen 14 Meter hoch. Nach Angaben von Betreiber Tepco gab es keine Schäden. Viele Japaner machen solche Abwiegelungen jedoch eher misstrauisch. Zwar wurden inzwischen zwei neue Betonmauern zwischen den Reaktoren und dem Meer errichtet. Aber sie dienen weniger dem Schutz vor einem Tsunami, sondern sollen vor allem radioaktiv verstrahltes Grundwasser vom Meer trennen. Immerhin wurde die Notstromversorgung höher gelegt. Der Tsunami von 2011 hatte die Aggregate überschwemmt und so die Kernschmelzen ausgelöst.

Allerdings fiel in Meiler 3 des AKW Fukushima Daini, ein zweiter Tepco-Atomkomplex nahe den Atomruinen, der Strom für ein Abklingbecken mit abgebrannten Brennelementen aus. Es dauerte 90 Minuten, bis die Kühlung wieder funktionierte. Die vier Reaktoren in der Atomanlage stehen höher und überstanden das Beben 2011 ohne große Schäden. Seitdem blieben sie abgeschaltet. Die Bewohner der Region lehnen ihren Neustart ab. Das neuerliche Beben hat die Menschen nun daran erinnert, warum. (Martin Fritz aus Tokio, 23.11.2016)