Phnom Penh / Wien – Sie wolle helfen, sagt Tammy D. – armen kambodschanischen Frauen und australischen Paaren, die keine Kinder bekommen können. Auf der anderen Seite, so Keo Thea, "möchten wir kein Land sein, das Menschen exportiert". Keo Thea leitet das für Menschenhandel zuständige Polizeidezernat in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh. Jene Behörde, die am Wochenende die 49-jährige Australierin Tammy D. festgenommen hat. Dies ist der erste große Fall, in dem das Ende Oktober ausgesprochene Verbot kommerzieller Leihmutterschaften exekutiert wird.
Im Detail wird Tammy D. vorgeworfen, 23 Leihmutterschaften an vorwiegend australische Paare vermittelt und dafür auch Dokumente gefälscht zu haben. Behörden zufolge verlangte D. von den Paaren etwa 50.000 und zahlte Leihmüttern zwischen 10.000 und 12.000 US-Dollar. Nun drohen ihr bis zu zwei Jahre Haft.
Folgen des Gammy-Skandals
Die Festnahme von Tammy D. ist Folge einer Entwicklung in Asien, die im August 2014 mit dem Gammy-Skandal ihren Anfang genommen hat. Dabei hatte ein australisches Paar den Buben Gammy mit Downsyndrom bei der thailändischen Leihmutter gelassen und nur die gesunde Zwillingsschwester mitgenommen.
Daraufhin sprach das thailändische Militärregime im Sommer 2015 ein Verbot kommerzieller Leihmutterschaften aus. Nepal, Sri Lanka und Indien zogen rasch nach. Genau deshalb verschlug es Tammy D. vor einem Jahr von Thailand nach Kambodscha, wo sie ihre Tätigkeit bis vor kurzem noch legal ausüben konnte.
Das australische Außenministerium kündigte an, der Festgenommenen, die selbst zwei Zwillingssöhne durch Leihmutterschaft hat, konsularische Unterstützung zukommen zu lassen. Unklar ist aber, was mit jenen Babys passiert, die gerade von Leihmüttern ausgetragen werden oder bereits geboren wurden und sich noch in Kambodscha befinden – laut der australischen Beraterfirma "Familie durch Leihmutterschaft" sind das etwa 70 Fälle.
Treffen am Donnerstag
Direktor Sam Everingham appellierte in der "Cambodian Daily" an die Behörden, die Sicherheit der Neugeborenen und ihrer Eltern zu gewährleisten. Für Donnerstag ist ein Treffen in Phnom Penh von Vertretern Australiens und Kambodschas geplant, um diese Angelegenheit zu klären.
Kritiker von Verboten monieren, dass sich die Branche in den Untergrund zurückziehen könnte – ohne ausreichende medizinische Versorgung der Leihmütter. Oder in jene Länder wandere, in denen kommerzielle Leihmutterschaft noch erlaubt und günstig sei – wie Georgien und die Ukraine. Dass sich das Geschäft auflöst, ist angesichts der lukrativen Einkünfte unwahrscheinlich. Weltweit werden jährlich geschätzte vier Milliarden Dollar umgesetzt. (ksh, 22.11.2016)