Politik von der Kanzel ist auch in der Basilika Mondsee unerwünscht

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Linz/Salzburg – Für Pfarrer Ernst Ellinger ist es an diesem Samstagvormittag Zeit, die Koffer zu packen. Ein letzter Blick auf die mächtige Basilika St. Michael in Mondsee. Ein Versuch mit den Ereignissen der letzten Tage abzuschließen. Doch noch würden "Ärger und Schock" tief sitzen, erzählt der pensionierte Geistliche im STANDARD-Gespräch.

Absetzung ohne Gespräch

Ellinger untersteht eigentlich der Erzdiözese Salzburg, hat aber in der Pfarre Mondsee seinen auf Kur weilenden Kollegen vertreten. Eigentlich zur großen Zufriedenheit der Kirchengemeinde in Mondsee. Am 13. November kommt es dann während des Gottesdienstes zum Eklat am Altar. Pfarrer Ellinger kritisiert die FPÖ scharf, ein zufällig anwesender FPÖ-Funktionär und Bundesheeroffizier sieht den Tatbestand der Hetze erfüllt und erstattet gegen den Geistlichen Anzeige.

Vonseiten der Diözese Linz wurde der Pfarrer am vergangenen Freitag dann seines Amtes enthoben. "Ein persönliches Gespräch hat es vor der Absetzung übrigens nicht gegeben", zeigt sich Ellinger enttäuscht. "Ich schäme mich für unsere Kirche. Wir werden von Feiglingen geführt."

Kein Aufruhr während der Messe

Laut blauem Anzeiger soll der Pfarrer während der Messe den verstorbenen Parteichef Jörg Haider und den jetzigen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer angegriffen haben. Und gegen die "blaue Brut" und "freiheitliche Pharisäer" gewettert haben. Zudem soll er sinngemäß gesagt haben: "Und um den Haider ist nicht schade, da hat sich Österreich viel erspart."

Im STANDARD-Gespräch spricht Pfarrer Ellinger jetzt von "unglücklichen Formulierungen", die nicht alle so gefallen seien, wie es zur Anzeige gegeben wurde: "Blau Brut habe ich sicher nicht gesagt. 'Brut' ist ein Nazi-Ausdruck, den ich nie verwenden würde." Und das Zitat über Jörg Haider? Ellinger: "An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern, aber der Satz ist so gefallen. Ich weiß aber auch nicht, ob während der Predigt oder im Einzelgespräch mit dem Herrn Oberst." Besagtes Streitgespräch habe nämlich erst nach der Messe "an der Seitentüre" stattgefunden: "Der Mann hat mich lange nach dem Gottesdienst dort abgepasst und zur Rede gestellt. Da haben wir halt diskutiert."

"Peinlicher Kniefall"

Abgesetzt wurde Pfarrer Ellinger aufgrund einer diözesanen Richtlinie, die besagt, dass sich Funktionsträger "verantwortungsvoll verhalten müssen und keinen politischen Einfluss nehmen dürfen". Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner mahnte in einer Stellungnahme an, dass kirchliche Mitarbeiter sich in ihrer Funktion nicht in tages- oder parteipolitische Diskussionen einmischen dürften.

Pfarrer Ellinger: "Diese Haltung ist ein peinlicher Kniefall vor einer Politik, die von Hass und Hetze geprägt ist. Man kann über meine Wortwahl diskutieren. Ich bin halt ein Choleriker. Aber man kann mich nicht der Lüge bezichtigen." Es sei ihm wichtig gewesen, in seiner Predigt "vor dieser Art von Politik zu warnen und vor allem die Stimme für jene zu erheben, die von den Blauen ständig kriminalisiert werden – insbesondere Flüchtlinge." Und: Viele der Kirchenbesucher hätten ihm übrigens zu seiner Predigt gratuliert. (Markus Rohrhofer; 19.11.2016)