Sanaa/Washington – Trotz Ankündigung einer erneuten Waffenruhe im Jemen durch US-Außenminister John Kerry scheint es bisher keine entsprechende Einigung der Konfliktparteien zu geben. Die regierungsnahe jemenitische Nachrichtenagentur Saba berichtete, Kerry habe sich bei Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi für die Interpretation seiner Aussagen vom Dienstag entschuldigt.

Kerry hatte in einem Interview gesagt, dass am Donnerstag eine erneute Waffenruhe für das Bürgerkriegsland beginnen werde. Die Situation für die Bevölkerung in dem bitterarmen Land ist verheerend: 80 Prozent der Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Über zwei Millionen Jemeniten leiden an Unterernährung.

Die von einem saudisch geführten Bündnis im Kampf gegen die schiitischen Houthi-Rebellen unterstützte Regierung des Jemen war anscheinend nicht an Absprachen beteiligt, die Kerry mit einer Houthi-Delegation am Montag im Oman traf.

Die Kämpfe im Jemen gingen am Donnerstag zunächst weiter. In der umkämpften südjemenitischen Stadt Tais eroberten regierungstreue Kämpfer eigenen Angaben zufolge ein Viertel von den Aufständischen. Dabei seien fünf Houthis gefangen genommen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat den schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen Folter, willkürliche Verhaftungen und das Verschwindenlassen von politischen Gegnern vorgeworfen. Seitdem die Rebellen im September 2014 die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa übernommen hätten, seien HRW hunderte Fälle von willkürlichen Festnahmen gemeldet worden, teilte die Organisation am Donnerstag mit.

HRW könne zwei Todesfälle in Haft und elf Fälle mutmaßlicher Folter belegen. In einem Fall sei das Opfer ein Kind gewesen. Die Organisation appellierte an die von den Rebellen kontrollierten Behörden in Sanaa, illegal festgehaltene Menschen umgehend freizulassen und gegen die für Misshandlungen Verantwortlichen juristisch vorzugehen. "Der Konflikt mit der von Saudi-Arabien geführten Koalition rechtfertigt nicht die Folter oder das 'Verschwindenlassen' von verdächtigen Gegnern", erklärte HRW.

Der Jemen wird seit März vergangenen Jahres von schweren Kämpfen zwischen den vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen und den von einer Koalition unter Führung Saudi-Arabiens unterstützten Regierungstruppen erschüttert. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in dem Konflikt bereits mehr als 7000 Menschen getötet und fast 37.000 Menschen verletzt. Kerry sprach in dieser Woche von einer "humanitären Katastrophe". (APA, 17.11.2016)