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Trocknende Wäsche auf den Balkonen ...

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... Trinkwasser im Kübel: Im Hotel Porin in der kroatischen Hauptstadt Zagreb sind rund 600 Flüchtlinge untergebracht. Laut den Schilderungen einer Flüchtlingshelferin aus Österreich sind die Strukturen völlig überlastet, Unterbringung und Versorgung unzureichend.

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Zagreb/Wien – Es war eine der zurzeit recht häufig stattfindenden Rückschiebungen von Flüchtlingen aus Österreich nach Kroatien laut der EU-weit geltenden Dublin-III-Verordnung. Doch in diesem Fall – betroffen sind ein Mann, seine Frau und ihr zehnmonatiges Kind – fühlte sich eine Helferin aus einer niederösterreichischen Gemeinde auch noch nach dem Abflug der Familie nach Zagreb für ihre Schützlinge zuständig.

Die Frau (Name der Redaktion bekannt) reiste der Familie nach, für die sie und andere ehrenamtliche Unterstützer in Österreich Wohnung und Deutschkurse organisiert und ihnen neun Monate lang eine soziale Einbindung geboten hatten. Am 5. November besuchte sie die Familie in Zagreb: in dem zum Aufnahmezentrum umfunktionierten Hotel Porin, wo viele Rückgeschobene in der kroatischen Hauptstadt fürs Erste Quartier finden.

Fünf Waschmaschinen für 600 Personen

Einlass verschaffte sie sich über einen Hintereingang – und traf auf, wie sie sagt, "erschreckende" Zustände. Diese schildert sie in einem dem Standard vorliegenden Bericht: Im Haus, so schreibt sie, gebe es täglich nur zwischen 14 und 21.30 Uhr Strom, nachts sei es überall stockdunkel. Für 600 Bewohner – in den neun Quadratmeter großen Zimmern seien in Stockbetten bis zu sieben Personen untergebracht – stünden nur fünf Waschmaschinen zur Verfügung. Das laufe auf 30 Minuten "Waschmaschinenzeit" pro Zimmer und Woche hinaus: für die vielen Menschen viel zu wenig.

Also würden die meisten ihre Kleider mit der Hand waschen – ohne Waschmittel, denn solches bekämen sie nicht (und hätten meist auch kein eigenes Geld, um es zuzukaufen). Tagelang trockne nasse Wäsche auf Balkonen, an Fenster- und Türgriffen, auf Tischen und Koffern vor sich hin.

In den Zimmern und Nassräumen selbst sei es schmutzig, denn den Bewohnern würden weder Staubsauger noch Putzmittel und -tücher zur Verfügung gestellt. Also müsse der von Vorbewohnern hinterlassene Dreck – "Zigarettenstummel und Asche, eingetreten in den Teppichboden, Kaugummis im Teppichboden, Brösel von hunderten Mahlzeiten, Straßendreck" – mit bloßen Händen aus dem Teppich gekletzelt werden. Im Hotel grassiere mittlerweile die Krätze, schreibt die österreichische Helferin.

Knappe Verköstigung

Auch die Verköstigung kritisiert sie scharf: Im Speisesaal werde Trinkwasser in Plastikputzkübeln auf den Tisch gestellt. Am 5. November habe jeder Flüchtling zu Frühstück und Abendessen je eine 135-Gramm-Dose Geflügelpastete und ein kleines Stück Brot bekommen – "auch neun-, zehn-, elfmonatige Babys". Zu Mittag habe es "gekochten Reis mit ein paar Erbsen" gegeben.

Aus dem Innenministerium in Zagreb hieß es auf Standard-Anfrage, man weise die Vorwürfe als unrichtig zurück. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Zagreb reagierte bis Redaktionsschluss nicht.

Kritik von der Asylkoordination

Das Hotel Porin sei schon seit Wochen "über seine Kapazitäten hinaus belegt", meint Herbert Langthaler vom NGO-Zusammenschluss Asylkoordination in Wien. Insgesamt fehle es in Kroatien trotz Behördenbemühungen weiter an "vernünftigen Unterkünften" für Asylwerber. Die zahlreichen Rückschiebungen aus Österreich machten das sichtbarer.

Tatsächlich hatte der Standard im Juni im Hotel Porin gute Unterbringungszustände vorgefunden. Damals waren dort jedoch nur 200 Flüchtlinge untergebracht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) prüft anhand mehrerer österreichischer Fälle unterdessen, ob Kroatien-Rückschiebungen vulnerabler Personen, also etwa von Kranken oder von Familien mit kleinen Kindern, menschenrechtlich vertretbar sind. (Irene Brickner, 18.11.2016)