Die Regierung will 750 Millionen in den Ausbau der Ganztagsschulen investieren, doch die konkreten Bedingungen stoßen auf Kritik.

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Wien (APA) – Die Regierungspläne zum Ausbau der Ganztagsschule bzw. der Ferienbetreuung stoßen auf breite Kritik, das zeigen die Begutachtungs-Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf.

Der zwischen SPÖ und ÖVP akkordierte Entwurf eines Bildungsinvestitionsgesetzes sieht die Verteilung von 750 Millionen Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen bis 2025 vor. Demnach sollen 428 Millionen für Infrastrukturmaßnahmen und Freizeitbetreuung aufgewendet werden, 248 Millionen Euro für Lehrerkosten an Pflichtschulen und 74 Millionen für AHS und Praxisschulen. Ziel ist, die verschränkte Form der Ganztagsschule auszubauen (Wechsel aus Unterricht, Lern- und Freizeit über den ganzen Tag mit verpflichtender Anwesenheit), wobei aber grundsätzlich auch offene Ganztagsschulen (Unterricht am Vormittag, Lern- und Freizeit am Nachmittag ohne Anwesenheitspflicht) gefördert werden können.

Lehrer wollen unbehelligt bleiben

Künftig soll ein "flächendeckendes Angebot an schulischer Tagesbetreuung auch in verschränkter Form in einem Umkreis von maximal 20 km zum Wohnort zur Verfügung stehen", heißt es im Gesetzesentwurf. Außerdem sollen mit den Mitteln auch "außerschulische Betreuungsangebote während der Ferienzeiten" an den Standorten gefördert werden. Beim letzten Punkt setzt die Kritik der Lehrergewerkschaft an.

Sie ist zwar nicht gegen die Förderung von Ferienbetreuung an Schulen an sich. Allerdings ist als Bedingung für die Gewährung von Zweckzuschüssen des Bundes neben etwa Freizeitpädagogen und Erziehern auch wahlweise der Einsatz von Lehrern dabei vorgesehen. Das ist für die Lehrervertreter "nicht akzeptabel": "Lehrerinnen und Lehrer müssen für vorgesehene Betreuungsangebote an ganztägigen Schulformen in den Ferienzeiten .... unbedingt herausgenommen werden!!!"

Bischofskonferenz und Evangelische Kirche stört vor allem, dass die Förderung des Bundes zum Ganztagsschulausbau nur öffentlichen Schulen zugutekommen soll. Sie pochen auf die Aufnahme der konfessionellen Privatschulen.

Wien sieht Benachteiligung

Die Kritik der Länder richtet sich vorrangig gegen die geplante Verteilung der Mittel. Die Stadt Wien etwa stößt sich am Umstand, dass als maßgeblicher Indikator für die Verteilung der Zweckzuschüsse die Zahl der zusätzlichen Schüler in den ganztägigen Schulformen herangezogen wird. Hintergrund: Das benachteiligt Wien, wo derzeit schon rund 40 Prozent der Pflichtschüler eine Ganztagsschule besuchen. In den anderen Ländern ist dieser Prozentsatz wesentlich niedriger – und damit die Möglichkeit zur Lukrierung von Mitteln für zusätzliche Schüler viel höher.

Tirol wiederum lehnt den Entwurf komplett ab: Aufgrund der Tatsache, dass in den ersten beiden Jahren nur Zuschüsse für die Errichtung zusätzlicher Klassen in der verschränkten Form der Ganztagsschule gewährt werden, sei das Abrufen der Mittel für Tirol faktisch unmöglich: "Das liegt nicht im Interesse des Landes Tirol." Die Gemeinden als Schulerhalter hätten auch gar keine Möglichkeit, die Einrichtung von Klassen in der verschränkten Form vorzunehmen, da dies in der Schulautonomie liege.

Auf diesen Punkt weist auch der Städtebund hin. Außerdem befürchten die Städte, nach Auslaufen der Anschubfinanzierung im Jahr 2025 auf Kosten sitzenzubleiben.

Ruf nach Frühschluss am Freitag

Ähnlich wie Wien argumentiert die Steiermark: Das Abstellen auf die Zahl der zusätzlichen Schüler als Förderkriterium widerspreche völlig der bisherigen Basisförderung für Ganztagsschulen samt kontinuierlicher Mitfinanzierung. Das werde die Gemeinden als Schulerhalter schwer belasten und benachteilige kleine Standorte. Zur Popularisierung der verschränkten Ganztagsschule schlägt die Steiermark auch vor, die geplante Fördervoraussetzung einer täglichen Mindestöffnung bis 16 Uhr aufzuweichen – mit einer Art Freitag-Frühschluss. "Es wurde auch schon mehrfach der Wunsch nach einer Flexibilisierung der gesetzlichen Regelung mit einer Mindestöffnungszeit bis etwa 14 Uhr am Freitag vorgebracht." (APA, 17.11.2016)