Auf dem Weg ins neue Amt: Kanzlerin Angela Merkel präsentierte den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Mittwoch im Bundestag als Kandidat für die Präsidentschaftswahl.

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Es ist sehr voll auf der sogenannten "Fraktionsebene" des Reichstags an diesem Mittwochmittag. Dort, wo ansonsten die Fraktionsspitzen ihre Pressestatements abgeben, steht aber auch ein ungewöhnlicher Termin auf dem Programm: Die Chefs aller drei Koalitionsparteien präsentieren ihren gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten. Zuletzt hat es ein derartiges Szenario 2012 gegeben.

Als Erste spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie ist voll des Lobes über den Sozialdemokraten Frank-Walter Steinmeier, der derzeit noch Außenminister ist, aber am 12. Februar zum neuen Staatsoberhaupt gewählt werden soll. Er sei "der richtige Kandidat in dieser Zeit", sagt sie. Und: "Die Menschen spüren, er ist ein Mann, dem sie vertrauen können." Sie selbst habe Auseinandersetzungen mit ihm "immer sachlich und fair" erlebt.

Noch viel begeisterter ist naturgemäß SPD-Chef Sigmar Gabriel, der Steinmeiers Kandidatur im Alleingang durchgesetzt hat, indem er ihn schon vor einigen Wochen quasi zum Kandidaten ausgerufen hatte. Auch Gabriel redet von "Vertrauen und Integrität" und spricht dann Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer ein Lob aus, das man durchaus als vergiftet bezeichnen kann. Er möchte den beiden "für die Unterstützung danken". Denn diese ist "nicht automatisch und selbstverständlich", sie zeige "Größe und Verantwortungsbewusstsein", sagt Gabriel – wohl wissend, dass Merkel keinen Kandidaten gefunden hat. Seehofer beschränkt sich auf eine kurze Botschaft. "Es ist wichtig, wieder einen guten Bundespräsidenten zu bekommen", erklärt er.

Freude und Respekt

Steinmeier selbst wirkt gelöst und erfreut. "Die Freude ist groß, der Respekt noch viel größer", bekennt er und beschreibt auch gleich, was er als eine seine wichtigsten Aufgaben als Bundespräsident ansehe: Er wolle über Parteigrenzen und soziale Grenzen hinweg Mut machen. "Ein Bundespräsident darf kein Vereinfacher sein, er muss ein Mutmacher sein" , betont Steinmeier. Seine Erfahrung als Außenminister könne er einbringen, um Menschen, die Sorge um Deutschland hätten, klarzumachen, dass die Welt "zuversichtlich" auf ihr Land blicke.

Das Brexit-Votum, der Ausgang der US-Wahl oder die Entwicklungen in der Türkei seien politische Erdbeben: "Die rütteln an uns, aber sie können uns auch wachrütteln." Dabei gehe es ihm in Deutschland auch um eine politische Kultur, "in der wir miteinander streiten können, aber respektvoll miteinander umgehen".

Ein letztes Lächeln für die Fotografen, und dann tritt das Quartett ab. Keine Fragen erlaubt – wenngleich es viele gegeben hätte. Wer etwa Steinmeier als Außenminister nachfolgt. In Brüssel heißt es nun wieder, Favorit Martin Schulz (SPD) wolle doch lieber EU-Parlamentspräsident bleiben.

Und interessant zu erfahren wäre auch, ob Merkel für eine vierte Amtszeit zur Verfügung steht. Ihr ehemaliger Umweltminister, Norbert Röttgen (CDU), der nun im Bundestag Außenpolitik macht, hat in einem Interview mit dem US-Sender CNN erklärt: "Sie wird für das Amt der Kanzlerin kandidieren." Bestätigen wollte dies niemand. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.11.2016)