Auf dem Weg in die digitale Zukunft – Stichwort Industrie 4.0 oder das Internet der Dinge – droht sich die deutsche Gesellschaft zu spalten: Ein wesentlicher Teil der Bürger ist nicht besonders gut dafür gerüstet, die Möglichkeiten der Internets kompetent für sich zu nutzen. Das geht aus dem jährlichen Lagebericht zur Digitalisierung hervor, den das Wirtschaftsministerium präsentierte.

Ein Drittel der Deutschen im Alter über 14 Jahren reagiert demnach vorausschauend auf die Herausforderungen zunehmender Digitalisierung und wird als hochkompetent bezeichnet. Dies sind etwa 21 Millionen Menschen. 43 Prozent oder 30 Millionen Bürger halten nur mit. Ein Viertel oder 18 Millionen weist keine oder nur wenig Digitalkompetenz auf und zählt dem sogenannten D21-Digitalindex zufolge sogar zu den "digital Abseitsstehenden".

Repräsentativen Untersuchung

Der repräsentativen Untersuchung zufolge, die jährlich von der Branchenvereinigung D21 und dem Meinungsforschungsinstitut Kantar TNS erstellt und vom Wirtschaftsministerium veröffentlicht wird, nutzen inzwischen zwar 79 Prozent der Deutschen das Internet, von den Unter-50-Jährigen fast alle. Der Digitalindex, für den auch die Fähigkeiten im Umgang damit sowie Offenheit gegenüber Trends bedeutsam sind, stagnierte allerdings.

So weist nach Angaben von D21 ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen Schwächen auf, wenn es um die kompetente Nutzung von Internetkommunikation und Datenverarbeitung in Alltagssituationen geht. Nur 15 Prozent betrachten bei Recherchen per Suchmaschinen demnach Ergebnisse, die jenseits der ersten Seite stehen. 47 Prozent haben keinerlei Erfahrung oder zumindest nicht die notwendige Sicherheit bei Onlinebanküberweisungen.

Das Wirtschaftsministerium und die Unternehmensinitiative zeigten sich alarmiert. "Wir müssen auch diejenigen erreichen, die digital im Abseits stehen oder gerade noch so mit der Entwicklung Schritt halten", erklärte der für das Thema zuständige beamtete Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Matthias Machnig. Die Vermittlung von digitalen Kompetenzen sei "eine zentrale bildungspolitische und kulturelle Aufgabe".

Gesellschaftlich wie wirtschaftlich beunruhigend

Auch der Präsident der Initiative D21, Hannes Schwaderer, warnte vor den Folgen. "Dieser Umstand ist gesellschaftlich wie wirtschaftlich beunruhigend, denn Digitalkompetenzen sind eine zentrale Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts." Das Wissen über diese müsse "auf allen Ebenen der Bevölkerung" durch Schul- und Weiterbildung gefördert werden. In D21 sind in etwa 200 Unternehmen und Organisationen zusammengeschlossen.

Auf dem am Mittwoch beginnenden zweitägigen IT-Gipfel in Saarbrücken beraten Vertreter aus Regierung, Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft über Strategien für den digitale Wandel. Vor der Konferenz forderte der Deutsche Lehrerverband, dass Schulen mehr für die Vermittlung von Internetkompetenz tun.

"Die Erziehung junger Menschen zu medienmündigen Bürgern ist natürlich eine neue Aufgabe für die Schule", sagte Verbandspräsident Josef Kraus dem "Handelsblatt" laut einer Vorabmeldung vom Dienstag. Es sei daher "sinnvoll, dass in den weiterführenden Schulen das Pflicht- oder zumindest das Wahlpflichtfach Informatik eingeführt wird".

In den Schulen mangelt es einer am Dienstag von D21 veröffentlichten Zusatzstudie zum Thema Schule und Digitalisierung zufolge allerdings an ausreichender Infrastruktur und geschultem Lehrpersonal. 73 Prozent der Lehrer bemängelten demnach die technische Ausstattung, 62 Prozent sehen ihre eigene mangelnde Digitalkompetenz als "Hürde" für den Einsatz digitaler Medien. Das Thema sei in der Weiterbildung nicht strukturell verankert. (APA, 15.11. 2016)