Brüssel/Ankara – Die EU setzt trotz des massiven Vorgehens gegen Regierungsgegner in der Türkei vorerst weiter auf Dialog mit Ankara. "Die Kanäle sind auf allen Ebenen offen", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montagabend nach Beratungen der europäischen Außenminister in Brüssel. Die EU-Regierungen hatten sich zuletzt uneins im weiteren Umgang mit dem Land gezeigt.

Während etwa Luxemburg Wirtschaftssanktionen ins Gespräch brachte, fordert Österreich einen Stopp der Verhandlungen über einen EU-Beitritt.

Beschlüsse fassten die Außenminister am Montag wie vorgesehen nicht. Mogherini verwies auf ihre Erklärung vom vergangenen Dienstag. Darin hatte sie im Namen der Mitgliedstaaten die jüngsten Entwicklungen als "äußerst beunruhigend" bezeichnet und vor einer Gefährdung der parlamentarischen Demokratie in der Türkei gewarnt. Die EU-Kommission hatte darauf am Mittwoch in ihrem jährlichen Fortschrittsbericht zum Beitrittskandidaten Türkei einen "Rückfall" bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Meinungsfreiheit kritisiert.

Die Türkei ist seit 2005 Kandidat für einen EU-Beitritt. Die Verhandlungen kamen lange nicht voran. Erst die stärkere Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise seit Ende 2015 gab den Gesprächen neuen Schwung – der nun aber wieder erlahmt ist.

Die EU hatte Ankara in dem Flüchtlingsdeal eine beschleunigte Aufhebung des Visa-Zwangs für türkische Bürger in Aussicht gestellt – eigentlich bis spätestens Oktober. Die Türkei weigert sich aber, als Voraussetzung ihre weit gefassten Anti-Terror-Gesetze zu ändern. Ankara hat schon mehrfach gedroht, das Flüchtlingsabkommen ohne die Visa-Freiheit platzen zu lassen. Die im März geschlossene Vereinbarung hatte zu einem deutlichen Rückgang der Ankunftszahlen von Flüchtlingen in Griechenland geführt.

Außenminister Sebastian Kurz sagte nach den Beratungen am Montag, weder die Visa-Zusage noch die Aussicht auf beschleunigte Beitrittsverhandlungen könnten von der EU noch erfüllt werden. Sie müsse sich deshalb darauf einstellen, dass die türkische Regierung das Abkommen aufkündige. Die EU müsse deshalb "dringend" Vorkehrungen treffen, "dass wir selbst imstande sind, den Migrationsstrom zu stoppen". (APA, 14.11.2016)